GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN Textbuch

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Textbuch

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GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN Ein Musical von

MARC SCHUBRING (Musik) und WOLFGANG ADENBERG (Buch und Liedtexte) Nach dem gleichnamigen Roman von Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos Orchestration von FRANK HOLLMANN und MARC SCHUBRING

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Auftragswerk des Staatstheaters am Gärtnerplatz

Bühnenvertrieb:

Musik und Bühne Verlagsgesellschaft mbH

Bahnhofstraße 44-46 | 65185 Wiesbaden ----------------------------------------------------------------e-mail: post@musikundbuehne.de Internet: www.musikundbuehne.de im Auftrag von

STÜCKEKONTOR

MB/JW GbR

09/23


Alle Rechte vorbehalten. Hierzu zählen insbesondere das Recht der Übersetzung, Verfilmung und Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen und sonstige Medien, der mechanischen Vervielfältigung und der Vertonung (Neuvertonung), die Verwendung zu Bühnenzwecken, Vorlesungen und Aufführungen, gleich ob von Amateur- oder Profibühnen sowie anderen Interessenten.

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Text, Komposition sowie Text- und Musikmaterial des Bühnenwerks werden Bühnen / Veranstaltern ausschließlich für Zwecke der Aufführung nach Maßgabe des jeweiligen Aufführungsvertrags zur Verfügung gestellt. Jede darüber hinausgehende Verwertung von Text und /oder Musikmaterial des Bühnenwerks bedarf der ausdrücklichen vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für dessen Vervielfältigung, Verbreitung, elektronische Verarbeitung, Übermittlung an Dritte und Speicherung über die Laufzeit des Aufführungsvertrags hinaus. Die vorstehenden Sätze gelten entsprechend, wenn Bühnen / Veranstaltern der Text oder das Musikmaterial des Bühnenwerks ohne vorherigen Abschluss eines Aufführungsvertrages zur Ansicht zur Verfügung gestellt wird. Weitere Einzelheiten richten sich nach den zwischen Bühnen / Veranstaltern und Verlag getroffenen Vereinbarungen. Dieser Text und die damit verbundene Komposition gilt bis zum Tag der Uraufführung / deutschsprachigen Erstaufführung / bis zur Erstübersetzung / der Neuübersetzung als nicht veröffentlicht im Sinne des Urheberrechtsgesetzes. Es ist nicht gestattet, vor diesem Zeitpunkt das Werk oder einzelne Teile daraus zu beschreiben oder seinen Inhalt in sonstiger Weise öffentlich mitzuteilen oder sich öffentlich mit ihm auseinanderzusetzen. Nicht vom Verlag genehmigte Verwertungen verletzen das Urheberrecht und können zivilrechtliche und ggf. auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.

Als unverkäufliches Manuskript vervielfältigt. Dieses Material darf weder verkauft, noch verliehen, noch sonst irgendwie weitergegeben werden.

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Wird das Stück nicht zur Aufführung angenommen, so ist das Manuskript umgehend zurückzusenden an:

Musik und Bühne Verlagsgesellschaft mbH

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-1Die Personen ............................................................................................................................................................ 3 Erster Akt .................................................................................................................................................................. 5 Erste Szene ................................................................................................................................................................ 5 Nr. 1: Prolog ............................................................................................................................................................................... 5 Nr. 2: Was hat er nur mit mir gemacht? ........................................................................................................................ 5 Zweite Szene: ........................................................................................................................................................... 8

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Nr. 3: Was die Liebe aus uns macht ................................................................................................................................. 8 Nr. 4: Die Wette ........................................................................................................................................................................ 9

Dritte Szene: ...........................................................................................................................................................11

Nr. 5: Was noch alles kommt ........................................................................................................................................... 11

Vierte Szene ............................................................................................................................................................15

Nr. 6: Das Privileg des Alters ........................................................................................................................................... 15 Nr. 7: Ich bereue.................................................................................................................................................................... 16 Nr. 8: Erlösen Sie mich - Pre-Reprise........................................................................................................................... 18

Nr. 9: Das alles brauch ich nicht ..................................................................................................................................... 19

Fünfte Szene: ..........................................................................................................................................................20

Sechste Szene: ........................................................................................................................................................22

Nr. 10: Tout Paris ................................................................................................................................................................. 22

Siebte Szene:...........................................................................................................................................................25

Nr. 11: Heute Nacht ............................................................................................................................................................. 25

Achte Szene:............................................................................................................................................................27 Nr. 12: Zu viele Gefühle...................................................................................................................................................... 27

Neunte Szene:.........................................................................................................................................................30 Nr. 12a: Die Rasur ................................................................................................................................................................ 30

Nr. 12b: Untermalung ......................................................................................................................................................... 31

Nr. 13: Volanges .................................................................................................................................................................... 32 Nr. 14: Siegen oder untergehn ........................................................................................................................................ 33

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Zehnte Szene: .........................................................................................................................................................34

Elfte Szene: ..............................................................................................................................................................35

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Nr. 14a: Untermalung ......................................................................................................................................................... 35

Zwölfte Szene: ........................................................................................................................................................35

Nr. 15: Nächstenliebe ......................................................................................................................................................... 36

Dreizehnte Szene ..................................................................................................................................................36

Nr. 15a: Untermalung ......................................................................................................................................................... 36

Vierzehnte Szene: .................................................................................................................................................38 Nr. 15b: Untermalung ......................................................................................................................................................... 38 Nr. 16: So selbstlos ist meine Liebe .............................................................................................................................. 39 Nr. 17: Nur zu gut ................................................................................................................................................................. 40

Fünfzehnte Szene ..................................................................................................................................................40 Nr. 18: So stark wie der Tod ist die Liebe (Pre-Reprise) .................................................................................... 40


-2Sechzehnte Szene..................................................................................................................................................42 Nr. 19: Meisterin und Schülerin ..................................................................................................................................... 42 Nr. 19a: Untermalung ......................................................................................................................................................... 42 Siebzehnte Szene ..................................................................................................................................................43 Nr. 19b: Rosemonde spielt ............................................................................................................................................... 43 Nr. 20: Erlösen Sie mich! ................................................................................................................................................... 44

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Nr. 21: Allmächtig................................................................................................................................................................. 45 Zweiter Akt .............................................................................................................................................................47

Erste Szene: ............................................................................................................................................................47

Nr. 22: Was gibt es Neues? ............................................................................................................................................... 47 Nr. 23: Liebe macht uns schwach .................................................................................................................................. 48

Zweite Szene: .........................................................................................................................................................50 Nr. 24: So stark wie der Tod ist die Liebe .................................................................................................................. 50

Dritte Szene: ...........................................................................................................................................................53

Nr. 25: Die Konfrontation ................................................................................................................................................. 53

Vierte Szene:...........................................................................................................................................................55

Nr. 26: Wovon magst du träumen? ............................................................................................................................... 55

Fünfte Szene ...........................................................................................................................................................56

Nr. 26a: Ich bereue - Reprise ........................................................................................................................................... 56

Sechste Szene: ........................................................................................................................................................58 Nr. 27: Wo erreicht Sie dieser Brief?............................................................................................................................ 58

Siebte Szene:...........................................................................................................................................................59

Nr. 28: Merteuils Einflüsterung...................................................................................................................................... 60

Achte Szene:............................................................................................................................................................61 Nr. 29: So stark wie der Tod ist die Liebe - Reprise .............................................................................................. 61

Nr. 30: Dagegen bin ich machtlos .................................................................................................................................. 61

Neunte Szene:.........................................................................................................................................................62

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Nr. 31: Die Kriegserklärung ............................................................................................................................................. 62

Zehnte Szene ..........................................................................................................................................................64

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Nr. 32: Erlösen Sie mich - Reprise / Ich kenne sie zu gut ................................................................................... 64

Elfte Szene: ..............................................................................................................................................................65

Zwölfte Szene: ........................................................................................................................................................66

Nr. 33: Das Duell - Valmonts Tod .................................................................................................................................. 66

Dreizehnte Szene: .................................................................................................................................................67

Nr. 34: Tourvels Tod ........................................................................................................................................................... 67

Vierzehnte Szene: .................................................................................................................................................68 Nr. 35: Finale .......................................................................................................................................................................... 68 Nr. 36: Applausmusik ......................................................................................................................................................... 69


-3Die Personen Marquise de Merteuil Vicomte de Valmont Madame de Tourvel Cécile de Volanges Chevalier de Danceny

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Madame de Rosemonde Madame de Volanges Azolan

Valmonts Diener

In Mehrfachrollen (ggf. aus dem Chor/Ensemble zu besetzen) Joséfine de Fontillac

Valmonts Geliebte

Émilie

Prostituierte, Valmonts Geliebte

Julie

Tourvels Dienerin, Azolans Geliebte

Christine

Céciles Zofe

Victoire

Merteuils Dienerin

Belleroche

Merteuils Liebhaber

Mehrere Geliebte von Valmont (Pauline, Jeanne, Ève) Gérard

Armer Dorfbewohner

Madame Gérard

2 erwachsene Töchter von Gérard Opernsänger/in

Steuereintreiber

Gehilfen des Steuereintreibers Jean

Tourvels Diener

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Chor / Ensemble (Mindestbesetzung 5 Herren, 4 Damen)


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-5Erster Akt Erste Szene Nr. 1: Prolog

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Dunkel. Man sieht nur undeutlich einige Bewegungen und hört ab und zu gesungene Vokalisen. Schließlich erkennt man schemenhaft die gesamte Besetzung als waberndes menschliches Knäuel. Irgendwann schält sich ein Paar aus der Masse. Es sind der Vicomte de Valmont und die Marquise Joséfine de Fontillac bei einem Liebesakt. Am Ende wird das Licht noch etwas heller. Die beiden liegen nun erschöpft nebeneinander. Nach einiger Zeit richtet sich Valmont auf und küsst Joséfine zärtlich auf die Schultern. VALMONT:

Das war wunderbar.

JOSÉFINE:

Es war himmlisch. Noch nie war ich so erfüllt von Liebe.

VALMONT:

Sehr schön. (Er erhebt sich und beginnt sich anzuziehen.) Es hätte mich auch mit großem Bedauern erfüllt, wenn die Erinnerung an das letzte Mal von einer unzureichenden Leistung getrübt worden wäre. So ist es doch viel nostalgischer.

JOSÉFINE:

Das letzte Mal? Was soll das heißen?

VALMONT:

Ich verlasse Sie. Das Ganze geht schon viel zu lange.

JOSÉFINE:

Was? Aber…

VALMONT:

Sie müssen zugeben, in letzter Zeit ist es ein bisschen fade geworden.

JOSÉFINE:

In letzter Zeit? Wir lieben uns erst seit zwei Wochen!

VALMONT:

Ja. Eine Ewigkeit, finden Sie nicht? (Er steht auf und will gehen.) Nr. 2: Was hat er nur mit mir gemacht?

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JOSÉFINE:

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VALMONT:

(in Panik) Valmont! Ich habe für Sie meinen Mann verlassen! Meine Ehre geopfert. Mein gesamtes Leben!

Ja, das war reichlich dumm von Ihnen. Und dumme Frauen langweilen mich. Leben Sie wohl, Madame.

(Ab.)

JOSÉFINE:

Valmont!

(Sie bleibt alleine zurück, fassungslos.)


-6JOSÉFINE:

Ich hatte einiges und immer nur Erschreckendes gehört von ihm. Man sagte, Dutzende von Frauen seien fürchterlich entehrt von ihm. Ich sah ihn mir an, und ich dachte: „Nein, für mich ist er keine Gefahr.“ Mit seinem seltsamen Rattengesicht stand er beinahe unscheinbar da. Seinen Charakter sah man ihm an.

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(Nun sehen wir plötzlich zwei andere Frauen (Pauline & Émilie) an anderen Orten, die in das Lied einstimmen.)

+ PAULINE & ÉMILIE:

Abstoßend und kalt wie kaum ein and’rer Mann.

JOSÉFINE:

Er schien so ungefährlich.

ÉMILIE:

Vollkommen ungefährlich.

PAULINE:

So einer raubt mir nicht den Schlaf.

ÉMILIE:

Ah-ah-ah.

PAULINE & ÉMILIE:

Bis mich dieser Blick aus seinen grauen Augen traf.

JOSÉFINE:

Was hat er nur mit mir gemacht? Ich hätte freudig alles für ihn hingegeben.

(Eine vierte Frau (Jeanne) tritt auf.)

JEANNE:

Und war‘s auch nur für eine Nacht,

JOSÉFINE:

Valmont, Valmont!

JEANNE:

Doch diese Nacht war

BEIDE:

Mehr wert als ein ganzes Leben.

(Eine fünfte Frau (Ève) kommt dazu.)

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JOSÉFINE:

Ihn zu berühren, Ihn anzuseh‘n, Nur dafür bin ich auf der Welt. Bin ich auf dieser Welt.

JOSÉFINE:

Er hat nur über mich gelacht. Doch mir bleibt diese eine Nacht Bis in Ewigkeit.

4 FRAUEN:

In Ewigkeit!

JEANNE:

Dass es nicht gut war, mich so auszuliefern, habe ich genau gefühlt.

PAULINE:

Ausgeliefert, ganz und gar.

ÈVE:

Dass es nicht gut war, mich so auszuliefern, habe ich genau gefühlt.

JEANNE:

Doch nie zuvor in meinem Leben hab‘ ich mich so sehr als Frau gefühlt.

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4 FRAUEN:


-7(Eine weitere Frau (Volanges) taucht auf.) Valmont! Valmont!

ÈVE:

Doch nie zuvor in meinem Leben hab‘ ich so empfunden.

4 FRAUEN:

Ich sah nicht mehr seine Verderbtheit, Sondern nur sein perfektes Gesicht.

JOSÉFINE:

Valmont! Valmont!

3 FRAUEN:

Ich wollte nur seine Hand auf mir spür‘n, Und an anderes dachte ich nicht.

ÉMILIE:

Was hat er nur mit mir gemacht? Ich hätte freudig

4 FRAUEN:

alles für ihn hingegeben.

JEANNE:

Ich ginge freudig in den Tod für ihn.

ÉMILIE:

Und war’s auch nur für eine Nacht,

PAULINE:

Ich bin ihm ganz und gar verfallen.

ÉMILIE & PAULINE:

Doch diese Nacht war mehr wert als ein ganzes Leben.

JOSÉFINE:

Auch wenn ich weiß, nach alledem, was er mir antat, Kann ich kaum noch weiterleben.

ÈVE & ÉMILIE:

Ihn zu berühren!

JEANNE:

Ich weiß nicht, was geschehen wäre, wäre ich einfach gefloh‘n vor ihm.

ÈVE & ÉMILIE:

Ihn anzuseh‘n,

VOLANGES:

Valmont! Valmont!

PAULINE & ÈVE:

Nur dafür bin ich auf der Welt.

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JOSÉFINE & VOLANGES:

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JOSÉFINE & JEANNE:

Doch ein paar Worte nur aus seinem Mund, da zitterte ich schon vor ihm.

PAULINE & ÈVE: Auch wenn ich das, was ich besaß, verloren hab‘, Ich zehre von dieser Erinnerung.

JEANNE & VOLANGES:

ÉMILIE:

Ja, verloren hab‘.

Was ich besaß, verloren hab‘, Ich zehre von dieser Erinnerung.

Von dieser Erinnerung.

JOSÉFINE, ÉMILIE & JEANNE: Er hat nur über mich gelacht. Doch mir bleibt diese eine Nacht Bis in Ewigkeit! Valmont! Valmont! Valmont!

PAULINE, ÈVE, VOLANGES: Valmont! Valmont! Mir bleibt die eine Nacht - Ahaha - Aha In Ewigkeit! Valmont! Valmont! Valmont!


-8Zweite Szene: Am Ende des Liedes befinden wir uns im Salon der Marquise de Merteuil. Die Marquise sitzt auf einer Chaiselongue. Joséfine hat sich vor ihr auf den Boden geworfen und vergräbt weinend ihr Gesicht in Merteuils Kleid. Merteuil streicht ihr beruhigend über den Kopf. Nr. 3: Was die Liebe aus uns macht Aber, aber, meine Liebe. Nehmen Sie es nicht so schwer. Wenn Sie klug sind, meine Liebe, Weinen Sie ihm keine Träne hinterher.

JOSÉFINE:

Das kann ich nicht. Ich… ich bin ihm verfallen.

MERTEUIL:

Ihm verfallen? Ja, so weit hat er viele schon gebracht. Ist es nicht immer wieder höchst erstaunlich, Was die Liebe aus uns macht?

JOSÉFINE:

Wie soll ich jemals wieder in die Gesellschaft zurückkehren?

MERTEUIL:

Gibt es keine Chance, dass Ihr Gatte Sie zurücknimmt?

JOSÉFINE:

Wie sollte er? Ich habe ihn zum Gespött von Paris gemacht

MERTEUIL:

Nun… es bleibt Ihnen immer noch das Kloster.

JOSÉFINE:

Welches Kloster würde mich denn nehmen?

MERTEUIL:

Die Klöster sind voller reuiger Sünderinnen. Ich nehme an, Sie werden dort einige Leidensgefährtinnen in puncto Monsieur Valmont antreffen.

JOSÉFINE:

Wie ist es Ihnen nur gelungen, ihm zu widerstehen? Hat er sein Glück nicht auch bei Ihnen versucht? Nach dem Tod Ihres Mannes?

MERTEUIL:

Mehr als einmal. Doch ich kann mit Stolz sagen, dass ich meinen Prinzipien immer treu geblieben bin. (Joséfine bricht in Tränen aus. Merteuil schreibt schnell ein paar Zeilen auf ein Blatt Papier.) Hier, meine Liebe. Überbringen Sie dieses Empfehlungsschreiben der Mutter Oberin der Karmeliterinnen. Sie wird Sie barmherzig in ihren Mauern aufnehmen.

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MERTEUIL:

JOSÉFINE:

Oh, vielen Dank, Madame de Merteuil. Sie sind eine wahre Freundin.

MERTEUIL:

Grämen Sie sich nicht zu sehr. Sie sind noch so jung. Sie haben Ihr ganzes Leben vor sich, um im Kloster Buße zu tun.

JOSÉFINE:

Danke. (Sie geht ab. Merteuil sieht ihr nach. Ohne sich umzudrehen, spricht sie plötzlich Valmont an.)

MERTEUIL:

Da haben Sie sich wieder einmal selbst übertroffen, Monsieur Valmont. (Valmont kommt hinter einem Paravent hervor.)


-9Vielen Dank, meine Freundin. Sie wissen, aus Ihrem schönen Mund bedeutet mir dieses Lob besonders viel.

MERTEUIL:

Obwohl Sie zugeben müssen, dass Sie ohne meine Hilfe wohl kaum solch leichtes Spiel gehabt hätten. Ich habe das arme Ding so eindringlich vor Ihrer Schamlosigkeit gewarnt, dass ihr kaum etwas anderes übrigblieb als dem Wahrheitsgehalt meiner Worte auf den Grund zu gehen.

VALMONT:

Beim Erlegen des Wildes ist ein guter Treiber oft unerlässlich. Andererseits, denke ich, wäre mir diese Hirschkuh auch von alleine ins Netz gegangen.

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VALMONT:

MERTEUIL:

Nichtsdestotrotz schulden Sie mir einen Gefallen, Vicomte, was der Grund ist, warum ich Sie heute habe kommen lassen.

VALMONT:

So?

Nr. 4: Die Wette

MERTEUIL:

Sie wissen, wie wütend es mich damals machte, als Gercourt mich verließ. Normalerweise pflege ich mich meiner Liebhaber zu entledigen, nicht umgekehrt. Aber nur eine kleine sentimentale Anwandlung, ein kurzes Abwarten, schon kam er mir zuvor.

VALMONT:

Ich erinnere mich.

MERTEUIL:

Sie erinnern sich vor allem deshalb, weil er mit Ihrer damaligen Favoritin das Weite suchte.

VALMONT:

Ehrlich gesagt, war ich recht erleichtert, sie los zu sein.

Nein, das war‘n Sie nicht. Doch wie dem auch sei, Seit geraumer Zeit plant er seine Heirat. Und er hat endlich die gefunden, die ihm wirklich gefällt. Seine holde Braut ist Cécile Volanges, Ein ganz junges Ding, gerade 16 Jahre. (Cécile wird im Hintergrund sichtbar.) Und erzogen im Kloster, beschützt vor der Welt. Denn eines ist ihm wichtig: Sie muss jungfräulich sein. Und da nun greifen wir beide ein. Denn was wär‘, wenn die Kleine nicht mehr unberührt wär‘? Die Demütigung verwindet er nie. Und wer kann das besser als Sie? Verführen Sie die kleine Cécile. Und wir beide haben unsere Rache.

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MERTEUIL:

VALMONT:

Verlockend. Aber nein.

MERTEUIL:

(überrascht) Nein?

VALMONT:

Nein, das ist zu einfach. Dazu brauchen Sie nicht mich. Das kann jeder and’re so wie ich. Ein unerfahr’nes Mädchen, welche Hürde ist das schon? Die liegt doch auf dem Rücken beim ersten Ton. Nein, ich hab eine größ’re Mission.

MERTEUIL:

Und die wäre?


- 10 Ich bin ohnehin im Begriff abzureisen. Ich werde die nächsten Wochen auf dem Landgut meiner Tante Rosemonde verbringen.

MERTEUIL:

Wozu? Sie hat Ihnen ihr Vermögen doch schon vermacht.

VALMONT:

Dort ist eine Dame zu Besuch, die ich gedenke, zum Gegenstand meines größten Triumphes zu machen. Sie kennen doch Madame de Tourvel?

MERTEUIL:

Das meinen Sie nicht ernst.

VALMONT:

Bekannt für ihre Frömmigkeit, mit Schönheit vereint.

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VALMONT:

(Tourvel wird ebenfalls im Hintergrund sichtbar.)

Ich bitte Sie.

VALMONT:

Ja, sie ist der mir würdige Feind. Ihrem Mann immer treu, Von Begehrlichkeit frei, Völlig ohne Allüren. Diese Frau zu verführen, Bringt mir ewigen Ruhm.

MERTEUIL:

(ironisch) Ewigen Ruhm? Ausgerechnet durch die? Eine Frau voller Blässlichkeit und Prüderie. Und sogar wenn die Verführung gelingt, Was erwartet Sie dann? Doch wohl kaum wilde Lust. Wer so fromm ist, der lässt sich in der Liebe nie gehn. Sie werden es sehn.

VALMONT:

Nun warten Sie doch ab, bis mir die Frau erst mal verfällt, Bis nichts mehr ihre Welt zusammenhält. Sie wissen doch, wie glücklich ich machen kann.

MERTEUIL:

(schwärmerisch) Oh ja, das ist wahr. Ich erinn’re mich gut.

VALMONT:

Und haben Sie sich nicht auch oft schon gewünscht, Wir beide wären wieder ein Liebespaar?

MERTEUIL:

Wir haben gelobt, nichts als Freundschaft füreinander zu empfinden und jeder getrennt seinem Geschick zu folgen.

VALMONT:

Unsinn! Ich widerrufe es wieder, dieses im Wahnsinn geschworene Gelöbnis. Wir wären nicht wert gewesen, es abzulegen, wenn wir es hätten halten können. Was würde ich geben für noch eine Nacht mit Ihnen!

MERTEUIL:

Nun, so soll es sein. Kommen Sie zurück, Wenn Sie diese Dame bezwungen haben. Und dann geb‘ ich mich Ihnen wieder mit Leidenschaft hin.

VALMONT:

Darauf geh ich ein. Und ich weiß schon jetzt, Diese süße Nacht wird ein Fest der Sinne.

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MERTEUIL:


- 11 Darin bin ich die Großmeisterin.

VALMONT:

Oh ja.

MERTEUIL:

Und mir gefällt der Gedanke, dass Ihr Erfolg schon den Keim des Verrats in sich trägt.

VALMONT:

Denn schließlich ist Verrat doch Ihr Lieblingswort.

MERTEUIL:

Nein. Grausamkeit. Grausamkeit. Ich fand immer, es hätte einen edleren Klang.

VALMONT:

(steht auf) Also mache ich mich zu meiner Tante auf und werde Sie hoffentlich sehr bald wiedersehen. Und für Ihre kleine jungfräuliche Heiratskandidatin werden Sie sicherlich jemanden finden, der bereit ist, sie vorab in die Freuden der Liebe einzuweihen.

MERTEUIL:

Leben Sie wohl.

VALMONT:

Leben Sie wohl. (Will abgehen, dreht sich aber noch einmal um.) Was Ihren Wetteinsatz betrifft: Ein kleiner Vorschuss wäre wohl nicht möglich? (Merteuil lächelt nachsichtig.) Nein? Nun gut.

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MERTEUIL:

(Tourvel, die die ganze Zeit im Hintergrund sichtbar war, geht ab, und er folgt ihr. Merteuil bleibt zurück.)

Dritte Szene:

Im Hintergrund war auch ständig Cécile zu sehen. Nun fällt das Licht voll auf sie. Wir befinden uns nun im Haus der Volanges. Cécile wird gerade von zwei Zofen angekleidet. Am Anfang des Liedes trägt sie noch ihre graue Klostertracht, ihr Haar ist zu einem Knoten gebunden. Sie zieht die Klostertracht aus und wird während des Liedes von den Zofen in eine Robe à la Francaise gekleidet, mit all dem Aufwand, der dazugehört. Am Ende des Liedes steht sie voll angekleidet da.

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Merteuil setzt sich zu Céciles Mutter, Madame de Volanges. Die beiden Damen trinken Tee, sitzen aber erkennbar in einem anderen Zimmer als Cécile, so dass sie sie zunächst nicht sehen können. Nr. 5: Was noch alles kommt

Seh‘ ich noch aus wie eine Nonne? Kommt, holt mich raus aus diesem Kleid.

ZOFE 1 (CHRISTINE):

Gerne, Mademoiselle.

CÉCILE:

Nie mehr die mausgrauen Gewänder.

ZOFE 2:

Vorsicht, Mademoiselle.

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CÉCILE:


- 12 CÉCILE:

Jetzt beginnt eine neue Zeit. Zieht mir bunte Farben an, So dass jeder mich bewundern kann. Ich will keine kratzigen Strümpfe mehr an mir sehn. Sie soll’n aus Seide bestehn.

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Ich will die Haare offen tragen, Will, dass der Wind mit ihnen spielt. Ich möchte Armbänder und Spangen, Nicht, was die Oberin befiehlt.

Zeigt mir meine Weiblichkeit. Denn das Kloster ist schon weit entfernt. Ich hab‘ viel gelernt, Doch zu wenig über die Welt.

Werd‘ ich auch allen gefallen? Stell ich mich ungeschickt an? Bin ich nicht doch viel zu hässlich, Als dass irgendein Mann sich Je für mich int’ressier’n Und mich ernstnehmen kann?

Es gibt so vieles zu sehn Und zu verstehn.

Was wird das Leben mir noch bringen? Wer sagt mir, was noch alles kommt?

Ihre kleine Cécile soll sich ja zu einem ganz reizenden Geschöpf entwickelt haben, Madame de Volanges.

VOLANGES:

So ein gutes Kind.

MERTEUIL:

Wirklich?

VALMONT:

Wie ein frischer Wind.

MERTEUIL:

Wirklich?

VOLANGES:

Sicher hat die Zeit im Kloster viel genützt. Dort war sie vor der all dem Schmutz der Welt geschützt. Und so reifte sie im Stillen gut heran, Denn schließlich int’ressiert sich ein sehr edler Mann für sie. Und das adelt sie. Sie ist ja auch eine gute Partie. Es ist der Comte de Gercourt.

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MERTEUIL:

MERTEUIL:

(tut erstaunt) Ach?

VOLANGES:

Und Sie wissen ja, er ist von vornehmstem Blut.

MERTEUIL:

So heißt es.

VOLANGES:

Wir dagegen sind äußerst wohlhabend. Darum tut die Hochzeit auch unseren beiden Familien gut.


- 13 Und was sagt Cécile?

VOLANGES:

Ach, sie weiß noch nicht, dass sie sich vermählt. Aber früh genug sage ich’s ihr schon.

MERTEUIL:

Dann meine herzlichste Gratulation.

CÉCILE:

(ist fast fertig angezogen und betrachtet sich im Spiegel.) Wer ist die Frau da im Spiegel? So hab‘ ich mich nie gesehn. Geht mal zur Seite, ihr beiden, Ich möchte mich gern etwas wiegen und drehn. (Bekommt plötzlich Angst.) Ich seh ja auf einmal so erwachsen aus. Warum sehn‘ ich mich nach meinem Puppenhaus? Was wird das Leben mir noch bringen?

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MERTEUIL:

Wann soll die Hochzeit stattfinden?

VOLANGES:

In sechs Monaten, wenn der Bräutigam aus Korsika zurückkehrt.

MERTEUIL:

Sechs Monate, in denen Cécile den Versuchungen von Paris ausgesetzt ist?

VOLANGES:

Wie meinen Sie das?

MERTEUIL:

Sie müssen gut auf sie Acht geben. Wenn Sie möchten, helfe ich Ihnen dabei.

VOLANGES:

Würden Sie das tun?

MERTEUIL:

Gerne. Alles, was ich kann.

VOLANGES:

Danke. Denn Sie haben ja wahrscheinlich völlig recht. So ein Kind allein zu lassen, wäre schlecht. Und ich kann mich auch nicht vierundzwanzig Stunden Immer um sie kümmern. Da kann ja so viel geschehn.

MERTEUIL:

Da kann viel geschehn.

VOLANGES:

Schrecklich viel geschehn. Helfen Sie mir, ihr zur Seite zu stehn.

N

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MERTEUIL:

MERTEUIL:

Ich helfe gern, ihr zur Seite zu stehn.

(Cécile kommt herein. Sie ist fertig angekleidet, und alle bewundern sie. Merteuil sieht sie prüfend an.)

CÉCILE:

Ist denn mein Kleid auch nicht zu offen? Ist nicht die Brust zu hoch geschnürt?

MERTEUIL:

Wie wollen Sie den Männern sonst Ihre Vorzüge präsentieren, mein Kind? (Cécile schnappt vor Schreck nach Luft.)

VOLANGES:

Cécile, du kennst doch noch Madame de Merteuil.


- 14 Natürlich. Guten Tag, Madame.

VOLANGES:

Madame de Merteuil hat angeboten, dir in allen gesellschaftlichen Belangen zur Seite zu stehen.

MERTEUIL:

Es würde mich sehr freuen, Ihre Freundin zu sein. Ich führ Sie gerne überall ein.

CÉCILE:

Vielen Dank, Madame.

MERTEUIL:

Ich habe eine Loge in der Oper für mich. Wie wäre es, wenn wir uns dort einmal sehn?

VOLANGES:

Ja, mit Vergnügen, das wäre doch schön.

MERTEUIL:

Kommen Sie bald schon, das wäre doch schön.

CÉCILE:

Ja, mit Vergnügen, das wäre doch schön. Was noch alles kommt!

N

IC

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CÉCILE:


- 15 Vierte Szene Auf dem Landgut von Madame de Rosemonde. Valmont und Rosemonde spielen Karten, Tourvel sitzt etwas abseits und schreibt einen Brief. Nr. 6: Das Privileg des Alters Schwierig, schwierig. Ich fürchte, Sie haben schon wieder gewonnen, liebe Tante.

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VALMONT: ROSEMONDE:

Nun langweilen Sie mich nicht und spielen schon das As aus, das Sie auf der Hand haben.

VALMONT:

Tante, Sie erstaunen mich immer wieder. Woher wussten Sie das?

ROSEMONDE:

Ich bin alt, aber nicht schwachsinnig.

VALMONT:

Das habe ich niemals geglaubt.

ROSEMONDE:

Und es besteht keine Notwendigkeit, Mich absichtlich gewinnen zu lassen. Das größte Privileg des Alters ist, Dass man die Leute ungestraft beleidigen kann. Weit’re Privilegien brauch ich nicht.

VALMONT:

Wie Sie wollen, Tante. Dann muss ich nun dieses As ausspielen.

ROSEMONDE:

Das dennoch gleich geschlagen wird Von meinem Joker auf der Hand. So spielt man Karten, mein Freund. Ich habe gesiegt. Es tut mir sehr leid. Sie sehn, auch ohne Hilfe gewinne ich.

(Valmont zwinkert Tourvel verschwörerisch zu, weil sich die alte Dame so freut. Tourvel lächelt nachsichtig.)

IC

VALMONT:

N

ROSEMONDE:

Sie sind eine wahre Teufelin, Madame.

Da gibt es viele, die teuflischer sind. Vertrauen Sie mir, ich weiß, was ich sag. Und nun gute Nacht. (Erhebt sich.)

TOURVEL:

(wird etwas unruhig) Nein, bitte, bleiben Sie noch.

ROSEMONDE:

Ein weit’res Privileg des Alters ist, Dass man sich jederzeit und ohne Grund verabschieden kann. Gute Nacht. (Sie geht ab.)

TOURVEL:

(packt ihr Schreibzeug zusammen) Gut, dann ziehe ich mich auch zurück. Gute Nacht, Monsieur.

VALMONT:

(tritt ihr in den Weg) Sie wissen, wie sehr es mich verletzt, dass Sie mir immer ausweichen?


- 16 Das tut mir sehr leid. Ich bin nur müde. Bitte lassen Sie mich durch.

VALMONT:

Aber Sie haben Ihren Brief gar nicht zu Ende geschrieben.

TOURVEL:

Das hole ich morgen nach.

VALMONT:

Erwartet Ihr Gatte nicht täglich einen Brief von Ihnen? Wie lange ist er auf Reisen? 12 Wochen?

TOURVEL:

Woher wissen Sie, dass ich an ihn geschrieben habe?

VALMONT:

Jetzt weiß ich es.

TOURVEL:

Sehen Sie, und diese Art von Tricks und Spielchen ist es, deretwegen ich Ihnen ausweiche.

VALMONT:

Sie haben keinerlei Grund dazu.

TOURVEL:

Wenn ich einen Spaziergang mache, gleiten Sie an meine Seite. Wenn ich ein Zimmer betrete, drängen Sie sich ebenfalls hinein. Das ist in höchstem Maße verstörend, Monsieur.

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TOURVEL:

Nr. 7: Ich bereue

Es geht mir nur darum, Sie besser kennenzulernen.

TOURVEL:

Wozu? Sie wissen nur zu gut, dass ich verheiratet bin.

VALMONT:

Verhei… ach, jetzt verstehe ich, welch unehrenhafte Absichten Sie mir unterstellen. Aber ungeachtet der Kränkung, die Sie mir damit zufügen, versichere ich Ihnen, dass es mein alleiniges Begehren ist, mehr über Sie zu erfahren. Ich fühle zu Ihnen eine geistige Nähe, wie sie mir noch bei keiner Frau begegnet ist. Eine so intensive Vertrautheit, dass ich kaum glauben kann, dass Sie nichts dergleichen fühlen. Fernab aller fleischlichen Gelüste.

TOURVEL:

Nun, was fleischliche Gelüste angeht, so wurden mir bereits einschlägige Berichte über Sie geliefert.

VALMONT:

Von wem?

TOURVEL:

Oder treffen sie nicht zu?

N

IC

VALMONT:

VALMONT:

Nun, ich weiß nicht, was Ihnen von mir berichtet wurde. Aber… Ich weiß, Mir eilt ein böser Ruf voraus. Und ja, ich spreche es auch offen aus, Dass alles davon wahr ist.

Ich weiß, Wie abstoßend ich ihnen schein, Verkommen, minderwertig und gemein. Und obwohl mir all das schmerzlich klar ist, Hoff‘ ich darauf, Sie könnten in mir den Menschen sehn, Der bereut, was er im Leben getan hat.


- 17 (VALMONT)

All die Tage, All die Nächte Ohne Zügelung. All die Feste, All die Schamlosigkeit, Die Verzauberung.

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Wie oft tanzten wir bis in den Morgen, Und wie oft taten wir so viel mehr. Einfach nehmen, nicht fragen, woher. Die Erfüllung von jedem Begehr. Und all die Lust Und die Ekstase…

TOURVEL:

Ja. Genau das hörte ich von Ihnen.

VALMONT:

Es war ein leeres Leben.

TOURVEL:

Aber ich hörte noch weitaus Schlimmeres. Über die Frauen, die von Ihnen ins Unglück gestürzt wurden.

VALMONT:

Es stimmt. Ich habe vieles falsch gemacht. Denn ich geb‘ zu, ich hätte nie gedacht, Je Liebe zu erleben.

N

IC

Doch nun, Nun, da ich weiß, dass es Sie gibt, Nun, da mein Herz zum ersten Male liebt, Schäm ich mich, es Ihnen hinzugeben, Weil es zu sehr befleckt ist Von all dem, was ich tat. Ach, wie sehr ich meine Taten bereue.

All die Frauen, All die Küsse, All die Zärtlichkeit, Wenn sich Körper Aneinander erfreu‘n In der Dunkelheit.

All die Münder, die Lenden, die Brüste, All die Seufzer in duftender Nacht. Ich hab Dutzende glücklich gemacht, In höchste Höhen gebracht! Sie lagen da, Voller Verzückung!...

Das war nicht Liebe. Das war nur Einsamkeit. Und nun wünscht‘ ich, es wäre nie geschehn. Ich hätte mich so gerne aufgespart Für Sie, Madame, Für Sie.

TOURVEL:

Für mich?


- 18 VALMONT:

Ja. Ihr Beispiel hat in mir den Wunsch geweckt, ein besserer Mensch zu werden.

TOURVEL:

Nun, das freut mich. Vielleicht ist wirklich noch nicht alles verloren.

VALMONT:

Das ist es nicht. (Er fällt auf die Knie.) Nr. 8: Erlösen Sie mich - Pre-Reprise

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Ich bin hier, um von Ihrem Beispiel zu lernen. Ich liebe Sie. Ich tue alles, was Sie mir befehlen. Alles?

VALMONT:

Alles.

TOURVEL:

Also gut. Dann befehle ich Ihnen, unverzüglich nach Paris zurückzukehren.

VALMONT:

Aber…

TOURVEL:

Ich glaube Ihnen, dass Sie sich ändern wollen. Aber ich wurde so eindringlich vor Ihnen gewarnt…

VALMONT:

Von wem?

TOURVEL:

… dass ich es mit meinem Ruf nicht vereinbaren kann, mit Ihnen unter einem Dach zu verweilen.

VALMONT:

Von wem wurden Sie gewarnt?

TOURVEL:

Von jemandem, der es gut mit mir meint. Das kann ich nicht damit vergelten, dass ich Ihnen den Namen nenne, das verstehen Sie doch.

VALMONT:

Schicken Sie mich nicht fort.

TOURVEL:

Es wäre mir der Beweis Ihrer Ernsthaftigkeit. Wenn ich Ihnen das bedeute, was Sie sagen, dann wissen Sie, was zu tun ist.

VALMONT:

Sie stürzen mich in tiefste Verzweiflung. Aber da es Ihr Wunsch ist, werde ich ihm selbstverständlich Folge leisten. Ich reise morgen früh ab.

TOURVEL:

Gut.

VALMONT:

Gewähren Sie mir nur eine Bitte.

TOURVEL:

Nun?

VALMONT:

Erlauben Sie mir, Ihnen zu schreiben.

TOURVEL:

Welchem Zweck würde das dienen? Vergessen Sie mich, das ist für uns beide das Beste.

VALMONT:

Ich bitte Sie inständig. Ich wünsche mir so sehr, ein gottgefälliges Leben zu führen. Aber ich brauche einen Anker, ein Vorbild, einen Lichtblick, um nicht in meine alte Verderbtheit zurückzufallen. Seien Sie mir dieser Lichtblick.

TOURVEL:

Also gut, schreiben Sie mir. Aber erwarten Sie keine Antwort.

N

IC

TOURVEL:


- 19 VALMONT:

Ich werde Ihre Antwort im Herzen spüren. Und so gehe ich glücklich. Leben Sie wohl, Madame.

TOURVEL:

Leben Sie wohl. (Valmont geht ab. Tourvel bleibt in Gedanken versunken zurück.) Nr. 9: Das alles brauch ich nicht Wild und schnell War sein ganzes Leben. Ekstatisch, grell, Ohne Unterlass.

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TOURVEL:

Und er glaubt offenbar, Dass ich all das verpasse, Dass ein Mensch nur im Rausch glücklich wird. Doch er irrt. All den Rausch, All den Sinnestaumel Und all die Lust Brauch ich für mich nicht.

N

IC

Es berauscht mich genug, Was ich tief in mir fühle, Bei Musik, Poesie, Religion. Da empfind ich wild Und bin von Glück erfüllt, Voll Leidenschaft Und voll Emotion.

Meine Welt, Die er niemals sehn wird, Meine Welt, Kenn nur ich allein. Meine Welt, Die er nie verstehn wird, Ist mein kostbarstes Gut, Und darin bin ich glücklich. Ich muss nichts anderes sein. Das brauch ich nicht. Ich bewahre mir stets Meine innere Wahrheit. Und das aufzugeben, Fällt mir nicht ein. Weil mir wichtig ist, Mir selber treu zu sein. And‘ren Rausch, And’re Lust, Das alles brauch ich nicht.


- 20 Fünfte Szene: Die Kammer von Azolan, Valmonts Diener. Es ist dunkel. Azolan liegt mit Julie im Bett, als Valmont hereinkommt. Azolan und Julie schrecken hoch. Azolan!

AZOLAN:

(scheinbar erschrocken) Herr!

VALMONT:

Ich habe mehrmals geläutet.

AZOLAN:

Es tut mir leid. Ich muss es überhört haben.

VALMONT:

Raus.

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VALMONT:

(Azolan verlässt das Zimmer. Julie will ihm folgen.)

(zu Julie) Du nicht. Wie heißt du?

JULIE:

Julie, Herr.

VALMONT:

Bist du nicht die Zofe von Madame de Tourvel?

JULIE:

Ja, Herr.

VALMONT:

Du weißt, dass ich deiner Herrin diesen Vorfall melden muss?

JULIE:

Oh, bitte nicht! Bitte habt Gnade!

VALMONT:

Aber vielleicht gibt es einen Weg. (Julie glaubt zu verstehen, legt sich auf den Rücken und erwartet Valmont.) Nein, doch nicht so! Ich bin ein anständiger Mann.

JULIE:

Natürlich. Verzeiht.

VALMONT:

Du nimmst die Briefe für deine Herrin in Empfang?

JULIE:

Ja.

VALMONT:

Gut. Von heute an gibst du sie meinem Diener zu lesen, bevor du sie weiterreichst. Jeden einzelnen. Auch die Briefe, die Madame selber schreibt. Ist das klar?

N

IC

VALMONT:

JULIE:

Jawohl.

VALMONT:

Du kannst gehen. Ich werde Stillschweigen über die Sache bewahren.

JULIE:

Oh, vielen Dank, Herr! Es soll nicht wieder vorkommen! (Julie geht ab. Azolan kommt wieder herein.)

VALMONT:

Ich hoffe, ich habe euch nicht zu früh überrascht. Hattest du genügend Zeit, um auf deine Kosten zu kommen.

AZOLAN:

Ja, danke, Herr. Wobei ich leider sagen muss, dass die Kleine sehr anhänglich geworden ist. Wenn Sie mir nicht aufgetragen hätten, sie zu verführen, hätte ich lieber ein gutes Buch gelesen.


- 21 Ich weiß deinen Einsatz zu schätzen. Und nun pack meine Sachen. Ich wurde zur Abreise genötigt.

AZOLAN:

Oh, dem Herrn sei’s gedankt! Endlich zurück nach Paris.

VALMONT:

Du allerdings bleibst hier.

AZOLAN:

Herr!

VALMONT:

Du wirst deine kleine Julie weiterhin beglücken müssen. Sie wird dir Madame Tourvels Briefe zu lesen geben. Berichte mir ihren Inhalt. Ich muss wissen, wer mich bei ihr angeschwärzt hat.

AZOLAN:

Herr, tun Sie mir das nicht an!

VALMONT:

Azolan, denk daran. Du bist einer der wichtigsten Soldaten im Krieg aller Kriege.

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VALMONT:

(Valmont geht ab. Wütend beginnt Azolan zu packen.)

N

IC

AZOLAN:

Kanonenfutter trifft’s wohl eher!


- 22 Sechste Szene: Nr. 10: Tout Paris In der Pariser Oper. Prächtig gekleidete Opernbesucher haben sich versammelt und feiern vorwiegend sich selbst. Unter ihnen sind auch Merteuil, Madame de Volanges und Cécile. Gerade beendet ein/e Opernsänger/in eine Arie. La mia vita è sospiri e dolore. La mia vita è tormenti e penare. Io non può più. Io non può più. Ma io non posso sopportare tanta disperazione. O Dio, di perchè!

ENSEMBLE:

Tout Paris Trifft sich hier. Denn man sieht und wird gesehn Und ist mitten im Geschehn. (Sie spenden kurz Applaus.) Man erfährt zu allen Zeiten Hier die neusten Neuigkeiten. (Kurzer Applaus.) Tout Paris Sonnt sich hier In dem strahlend hellen Glanz Von Musik und Lust und Tanz. Tout Paris, Das sind wir. Und wir sind fast täglich hier. (Kurzer Applaus.) Denn hier feiert und mauschelt und flirtet und glänzt tout Paris Wie sonst nie.

N

IC

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OPERNSÄNGER/IN:

(versetzt) Tout Paris Trifft sich hier. Denn man sieht und wird gesehn. Und ist mitten im Geschehn. Tout Paris Sonnt sich hier In dem strahlend hellen Glanz Von Musik und Lust und Tanz Wo man wichtige Persönlichkeiten Lebensgroß von allen Seiten sieht Wie sonst nie, Wie sonst nie. Mit Tout Paris.

MERTEUIL:

Madame de Volanges! Cécile! Wie schön, dass Sie kommen konnten.

VOLANGES:

Selbstverständlich nehmen wir Ihre freundliche Einladung an. Nicht wahr, Cécile?

CÉCILE:

Ja, Mutter. Guten Tag, Madame.

MERTEUIL:

Es wird dir in der Oper gefallen, Cécile.


- 23 Ich kenne bisher nur die Musik aus dem Kloster.

MERTEUIL:

Musik? Wer kommt denn wegen der Musik in die Oper? Nein. Es gilt: Sehen und gesehen werden.

ENSEMBLE:

Tout Paris Sieht sich um. Wer verhält sich nicht konform? Wer entspricht nicht mehr der Norm? Und man fragt nicht warum. Mach nur einen falschen Schritt, Und schon kommst du nicht mehr mit. (Man sieht, wie eine Frau mit einigen Operngästen ins Gespräch kommen will, aber von allen gemieden wird. Alle wenden sich ab, halten sich Fächer vors Gesicht, etc. Die Frau steht isoliert in der Mitte.) Jeder hat es sich selbst zuzuschreiben, Der in uns’rer Gunst nicht bleiben will So wie die. So wie die Bei Tout Paris.

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CÉCILE:

CÉCILE:

Warum wird die Frau gemieden?

MERTEUIL:

Sie ist eine Gefallene.

(Cécile sieht sie verständnislos an.)

Weißt du, was das heißt? Sie hatte eine Liaison. Als ihr Mann auf Reisen war. Und war dumm genug, Dass es bekannt geworden ist. Nicht jede ist nun mal so voller Tugend wie Madame Merteuil. Denke immer dran. Nimm sie dir zum Vorbild, liebes Kind.

MERTEUIL:

Ach, warten Sie. Chevalier? (Sie winkt einen jungen Mann von ca. 20 Jahren heran. Er verbeugt sich. Als er und Cécile sich ansehen, sind sie wie vom Donner gerührt. Das bleibt von Merteuil nicht unbemerkt und war auch von ihr beabsichtigt.) Darf ich Ihnen den Chevalier Danceny vorstellen? Das sind Madame de Volanges und ihre Tochter Cécile. Cécile ist heute zum ersten Mal in der Oper.

N

IC

VOLANGES:

DANCENY:

Ich bin entzückt.

MERTEUIL:

Monsieur Danceny ist einer jener Idealisten, die die Oper doch nur wegen der Musik besuchen. Nicht wahr, Monsieur?

DANCENY:

(Cécile ansehend) Ich liebe Musik, und ich komponiere auch selbst ein wenig.

CÉCILE:

Wirklich? Wie aufregend.

MERTEUIL:

Sie geben doch auch Unterricht, nicht wahr? Mademoiselle Cécile sucht einen Harfenlehrer.

DANCENY:

(hocherfreut) Es wäre mir eine Ehre.


- 24 Wann können Sie anfangen?

DANCENY:

Wenn Sie wollen, sofort.

CÉCILE:

Morgen?

DANCENY:

Sehr gerne.

VOLANGES:

Gut. Dann kommen Sie morgen bei uns vorbei. Das war eine gute Idee von Ihnen, Madame.

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VOLANGES:

Wie schön, dass ich helfen konnte.

ALLE:

Tout Paris Steht im Licht. Alle Dramen, die entstehn, Sind hier öffentlich zu sehn. Man erkennt es nur nicht Hinter all dem Firlefanz Von Musik und Lust und Tanz. Und kein Zeichen kann die Opfer warnen, Weil die Täter sich gut tarnen, Mit Feinheit und Diplomatie, Schmeicheleien und Koketterie, Denn die Wahrheit ist strengstens tabu In Tout Paris.

N

IC

MERTEUIL:


- 25 Siebte Szene: Valmont liegt mit Émilie im Bett. Er benutzt ihren nackten Po als Schreibpult, während er an Madame de Tourvel schreibt. Nr. 11: Heute Nacht Verehrte Madame de Tourvel… (Émilie kichert). Halt still! Heute Nacht tue ich Vor Erregung nicht ein Auge zu. Heute Nacht lieg ich wach. Und ich weiß nicht, was ich sonst noch tu. Denn ich sitze ganz entkräftet hier. Und ich bin…

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VALMONT:

(Er überlegt.)

Aufgewühlt?

VALMONT:

Das ist gut. Aufgewühlt. Bis ins Mark. Hin- und hergeworfen hab ich mich Heute Nacht stundenlang, Halb besinnungslos und flehentlich. Und ich habe dabei immer nur an Ihr Gesicht gedacht, Immer an Sie!

IC

ÉMILIE:

N

ÉMILIE:

Oh, wie sehr hoffe ich, Eines Tages teilen Sie mit mir, Was ich fühl heute Nacht, Wenn ich mich ganz im Traum verlier. (Émilie räkelt sich und streckt ein nacktes Bein nach hinten in die Höhe. Das bleibt nicht ohne Wirkung auf Valmont.) Die Erregung in mir steigert sich Wie ein starker, wilder Fluss. Und ich fühle, dass ich diesen Brief Nun zur Seite legen muss. Oder auch nicht. Moment… So?

(Sie hebt das Becken an, so dass er in der Lage ist, sie von hinten zu nehmen und gleichzeitig auf ihrem Rücken weiterzuschreiben.)

VALMONT:

Oh, danke. Sehr zuvorkommend. (Er ergreift die Gelegenheit.) Ganz, ganz tief

ÉMILIE:

Ganz, ganz tief

VALMONT:

Fühl’n Sie nicht,

ÉMILIE:

Fühl’n Sie nicht,

VALMONT:

Welcher Überschwang mich hier verzehrt?


- 26 Welcher Überschwang mich hier verzehrt?

VALMONT:

Welche Glut,

ÉMILIE:

Welche Glut,

VALMONT:

Welche Wucht

ÉMILIE:

Welche Wucht

VALMONT:

Mir das Innerste nach außen kehrt?

ÉMILIE:

Nach außen kehrt?

VALMONT:

Doch verzeih‘n Sie mir meine Leidenschaft, Die mich jetzt mit aller Kraft erfasst. Und der Tisch, auf dem ich schreibe, Bebt schon wie in einem Sturm! Heftig und wild!

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ÉMILIE:

Welche Qual, Dass ich Sie nicht bei mir haben kann. Jedes Glied Fühlt sich wund und doch voller süßer Kräfte an. Und ich tu, was ich kann, Und dann komme ich bald

ÉMILIE:

Komme ich bald!

VALMONT:

Gegen diese Sehnsüchte an. Doch nicht heute Nacht.

(Er lässt erschöpft von Émilie ab. Man sieht Tourvel, die den Brief liest,)

N

IC

TOURVEL:

„Heute Nacht spüre ich Höchstwahrscheinlich größ’res Glück als Sie. Denn ich darf jedenfalls An Sie denken voller Euphorie. Meine Liebe war noch nie so rein. Ich begehre gar nichts mehr. Und sie hätten nichts von mir zu fürchten.“

VALMONT:

Nichts von mir zu fürchten. Denn ich habe diese Stunden sehr erkenntnisreich durchwacht. Und es hat mir solche Freude und Zufriedenheit gebracht, Nur an Sie zu denken

VALMONT & ÉMILIE:

Heute Nacht!


- 27 Achte Szene: Im Haus der Volanges. Cécile sitzt an der Harfe und spielt, Danceny begleitet sie auf dem Cemb Volanges hört zu und lässt sie kaum aus den Augen.

alo.

Nr. 12: Zu viele Gefühle Das muss ein Cis sein, Mademoiselle.

CÉCILE:

Cis?

DANCENY:

Sie haben C gespielt.

CÉCILE:

Oh, Entschuldigung.

DANCENY:

Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. C ist doch wunderbar. Cécile beginnt mit C.

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DANCENY:

(Cécile sieht schnell unter sich, um ihr Erröten zu verbergen)

CÉCILE:

Zu viele Gefühle auf einmal. Was geschieht hier? Wohin führt das? Zu viele Gefühle auf einmal. Warum sieht er mich so an?

Soll ich hinsehn? Soll ich wegsehn? Doch was denkt er dann? Was fang ich nur an? Ich fühle zu viele Gefühle auf einmal.

N

IC

DANCENY:

BEIDE:

Ich sehe sie nur an, Schon bin ich inspiriert. Ich will ein Lied für Harfe komponier’n.

Ein wunderschönes Lied. Ich frag mich dabei nur, In Moll oder in Dur? Ich weiß es nicht genau. Ich fühl so vieles, wenn ich sie seh, Auch wenn ich die Gründe nicht versteh.

(versetzt) Zu viele Gefühle auf einmal. Was geschieht hier? Wohin führt das? Zu viele Gefühle auf einmal. Warum sieht er (sie) mich so an? Soll ich hinsehn? Soll ich wegsehn?

CÉCILE:

Ja. (Stolpernde Blicke zwischen den beiden. Komischer Effekt.)


- 28 Doch was denkt sie dann?

CÉCILE:

Was soll er denken, wenn ich hinseh?

DANCENY:

Was fang ich nur an?

CÉCILE:

Aber was denkt er erst, wenn nicht?

DANCENY:

Ich fühle

BEIDE:

Zu viele Gefühle auf einmal. Zu viele Gefühle auf einmal.

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DANCENY:

(Zeit ist vergangen. Wir sehen, wie sich Merteuil und Volanges unterhalten.)

MERTEUIL:

Und wie macht sich Ihr neuer Musiklehrer?

VOLANGES:

Ganz vorzüglich. Cécile ist ja kaum noch von ihrer Harfe wegzubekommen.

MERTEUIL:

Das freut mich zu hören.

(Danceny schiebt Cécile heimlich ein Briefchen zwischen die Saiten ihrer Harfe. Sie nimmt es hastig und liest es. Er formt mit den Lippen die Worte „Ich liebe Sie.“) (Zeit ist vergangen. Merteuil und Volanges treffen sich wieder.)

MERTEUIL:

Und sind Sie immer noch so zufrieden mit Monsieur Danceny?

VOLANGES:

Oh ja! So ein höflicher, zurückhaltender junger Mann.

MERTEUIL:

(für sich) Etwas zu zurückhaltend für meinen Geschmack.

(Eine weitere Musikstunde unter Aufsicht von Volanges. Eine Dienerin kommt herein und flüstert Volanges etwas ins Ohr. Volanges steht auf und geht aus dem Zimmer. Danceny ergreift die Gelegenheit.)

IC

DANCENY:

N

CÉCILE:

Wie gefiel Ihnen mein Brief? Die ganze lange Nacht Saß ich für Sie daran.

Das hab‘ ich gespürt. Ich las ihn hundertmal Und jedes Mal beglückt.

DANCENY:

Ich bete Sie so an!

CÉCILE:

Sie schreiben wunderschön.

DANCENY:

Ich lege meine Seele hinein. (Volanges kommt zurück.)

BEIDE:

Ich wünschte, wir wär’n allein. (Szenenwechsel. Cécile und Merteuil allein.)

CÉCILE:

Madame, Sie boten an, mir eine Freundin zu sein.


- 29 Und nichts könnte mir mehr Freude machen, mein Kind.

CÉCILE:

Darf ich bei Ihnen auf Verschwiegenheit rechnen?

MERTEUIL:

Selbstverständlich. Worum geht es?

CÉCILE:

Danceny.

MERTEUIL:

(mit Genugtuung) Danceny.

CÉCILE:

Er sagt, er liebt mich.

MERTEUIL:

Nun, das kann man ihm kaum verdenken, nicht wahr? (Cécile wird rot.) Und lieben Sie ihn auch?

CÉCILE:

Ich… ich weiß nicht. Es ist so verwirrend.

MERTEUIL:

Haben Sie denn den Wunsch, ihn wiederzusehen?

CÉCILE:

Oh, ständig. Am liebsten Tag und … Nacht.

MERTEUIL:

Nun, das könnte durchaus auf Liebe hindeuten…

CÉCILE:

Aber wir können kaum miteinander reden, weil Mutter ständig dabei ist.

MERTEUIL:

Da kann ich vielleicht helfen. Sagen Sie Ihrer Mutter, Sie besuchen mich morgen Abend. Zu mir wird sie Sie allein gehen lassen. Und ich lasse Sie dort eine Zeitlang ungestört mit Ihrem Danceny.

CÉCILE:

Oh, das würden Sie tun? Wirklich?

MERTEUIL:

Wozu sind Freundinnen da?

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MERTEUIL:

(Wieder eine Musikstunde unter Aufsicht von Madame de Volanges. Cécile steckt Danceny heimlich einen Zettel mit einer Adresse zu.) Kommen Sie heut Nacht dorthin.

DANCENY:

Mademoiselle, wie wunderbar.

BEIDE:

Dort werden unsere Träume wahr.

N

IC

CÉCILE:

(Volanges sieht von ihrer Lektüre auf. Sie tun, als sei nichts geschehen.)

DANCENY: Zu viele Gefühle auf einmal. Was geschieht hier? Wohin führt das? Zu viele Gefühle auf einmal. Und wie komm ich damit klar? Ist so Liebe? Warum ist sie dann so kompliziert? Wer weiß, was passiert? Ich fühle…

CÉCILE: Zu viele Gefühle auf einmal. Was geschieht hier? Wohin führt das? Zu viele Gefühle auf einmal. Und wie komm ich damit klar? Ist so Liebe? Ist das kompliziert! Aber so ist das ganze Leben. Ich bin gespannt, was alles kommt.


- 30 BEIDE:

Zu viele Gefühle auf einmal. Zu viele Gefühle auf einmal. Doch vor allem fühl ich nun ein zärtliches Gefühl. Ja, vor allem fühl ich nun ein zärtliches Gefühl.

Neunte Szene:

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

Im Schlafzimmer von Merteuil. Sie sitzt mit dem Rücken zum Publikum auf dem Bett. Nach einiger Zeit richtet sich ein Mann auf, der offenbar zwischen ihren Beinen gekniet hat. Es ist Belleroche. Er hält ein schaumbedecktes Rasiermesser in der Hand und streift den Schaum ab. Nr. 12a: Die Rasur

BELLEROCHE:

Fertig.

MERTEUIL:

Danke, mein Lieber. Ich würde Ihnen ja gerne sofort die Früchte Ihrer Arbeit zuteil werden lassen. Aber leider erwarte ich einen wichtigen Besuch.

BELLEROCHE:

Aber Sie lassen mich nicht lange warten?

MERTEUIL:

Selbstverständlich nicht. Morgen Abend um acht, wie abgemacht. Und nun gehen Sie, bevor… (Victoire, Merteuils Dienerin, öffnet die Tür.) Der Vicomte de Valmont.

BELLEROCHE:

Valmont?

MERTEUIL:

Keine Sorge. Es geht um ein Geschäft.

BELLEROCHE:

Das will ich hoffen.

MERTEUIL:

Kein Grund zur Eifersucht. Ich gehöre nur Ihnen.

BELLEROCHE:

Adieu!

IC

VICTOIRE:

N

VALMONT:

(Belleroche und Valmont begegnen sich an der Tür.)

Belleroche? Belleroche ist Ihr aktueller Favorit? Ich muss sagen, ich bin etwas erstaunt. War denn sonst niemand zu finden? Belleroche verdient Sie nicht im geringsten.

MERTEUIL:

Ich dachte, er wäre einer Ihrer engsten Freunde.

VALMONT:

Daher weiß ich, wovon ich rede. Sie sollten ihm schnellstmöglich untreu werden. Am besten mit mir.

MERTEUIL:

Liebend gern. Heißt das, Sie sind hier, um Ihren Wettgewinn einzulösen? Ist die Bastion gefallen?

VALMONT:

Noch nicht ganz. Sie hat mich nach Paris zurückgeschickt.

MERTEUIL:

(unterdrückt ein Lachen) Und Sie haben sich schicken lassen? Das heißt, Sie sind gescheitert?


- 31 Ganz im Gegenteil. Nur eine vorübergehende Erschwernis.

MERTEUIL:

Und wie gedenken Sie diese zu überwinden?

VALMONT:

Oh, sie ist bereits überwunden. Madame hat mir unvorsichtigerweise erlaubt, ihr zu schreiben. Und sie wissen selbst, wie viel wirksamer man sein Gift durch die kleinen unverfänglichen Dosen eines Briefes in ein Herz träufeln kann.

MERTEUIL:

Viel Glück.

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VALMONT:

Nr. 12b: Untermalung

Aber da wir von Briefen reden. Der Ihrige hat mich sehr amüsiert. (Er zieht einen Brief von Merteuil heraus und liest vor.) „Unsere kleine Cécile ist noch immer so jungfräulich wie am ersten Tag. Danceny ist eine einzige Katastrophe. Wie die meisten Intellektuellen hat er keinerlei technisches Verständnis. Ich habe gestern ein geheimes Stelldichein zwischen ihm und Cécile arrangiert. Aber anstatt das zu tun, was ein Mann seines Alters tun sollte, hat er ihr nur Gedichte vorgelesen.“ (Er lacht.)

MERTEUIL:

Lachen Sie nicht.

VALMONT:

Sie haben es ihm auch zu leicht gemacht. Der Junge braucht keinen Türöffner. Er braucht Hindernisse. Aber sei’s drum. Ich habe mich entschlossen, Ihnen zu helfen. Die Entjungferung unserer Kleinen wird nun von mir durchgeführt werden.

MERTEUIL:

Woher dieser erfreuliche Sinneswandel?

VALMONT:

Ich habe weiterhin wenig Lust auf das kleine Mädchen, umso mehr aber auf die Rache an ihrer Mutter.

MERTEUIL:

Rache?

VALMONT:

Mir werden Madame Tourvels Briefe zugespielt. Und darin habe ich entdeckt, wer sie so eindringlich vor mir gewarnt hat, dass sie mich nach Paris zurückschickte.

MERTEUIL:

Céciles Mutter.

VALMONT:

Also. Ich bin bereit.

N

IC

VALMONT:

MERTEUIL:

Und ich werde Ihnen schneller als Sie denken die Gelegenheit zur Umsetzung verschaffen. Sie ist gerade auf dem Weg zu mir. Machen Sie es sich hinter dem Paravent bequem und hören Sie zu.

VALMONT:

Sie sehen mich gespannt wie immer. (Er versteckt sich hinter einem Paravent. Victoire führt Madame de Volanges herein.)

VICTOIRE:

Madame de Volanges.

MERTEUIL:

Ah, willkommen, meine Liebe.


- 32 Nr. 13: Volanges Seien Sie gegrüßt, Madame. In Ihrem Brief stand, es sei dringend. Ich hoffe nicht, dass etwas Schlimmes geschehen ist.

MERTEUIL:

Noch nicht.

VOLANGES:

Noch nicht? Was soll das heißen? So reden Sie doch.

MERTEUIL:

Cécile.

VOLANGES:

Cécile?

MERTEUIL:

Ich habe Grund zu der Annahme, Dass sich zwischen Cécile und Monsieur Danceny Eine Liebschaft anbahnt.

VOLANGES:

(lacht exaltiert) Wie bitte? Das ist völlig unmöglich. Das Kind hat noch lange an so etwas kein Interesse.

MERTEUIL:

Nun, gestern sah ich sie in ihrem Zimmer, Und sah, wie sie mehrere Briefe versteckte, Und zwar in der Schublade in ihrem Schminktisch, Die sie anschließend sorgfältig abschloss.

VOLANGES:

Das kann nicht sein! Oder doch? Ich geh gleich nach Hause und sehe im Schminktisch nach. Was da auch sein mag, das muss man sofort unterbinden.

MERTEUIL:

Ich denke, wenn Sie Cécile für einige Zeit aus Paris fortbringen, Wird diese jugendliche Schwärmerei bald ein Ende finden. Sagten Sie nicht zu Monsieur Valmont, Sie wollten seine Tante auf dem Lande besuchen?

VOLANGES:

Eine hervorragende Idee! Wenn sich Ihr Verdacht wirklich bestätigt, dann bringe ich meine Tochter erst einmal fort von hier. Nichts soll ihre Hochzeit gefährden. Es hängt zu viel davon ab. Bei Valmonts Tante wird sie gut aufgehoben sein. Oh, dieses Luder, die kann was erleben! Haben Sie vielen Dank, meine Freundin.

N

IC

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VOLANGES:

(Rauscht ab.)

MERTEUIL:

(zu Valmont) Nun, Vicomte? War es das, was Sie wollten? Danceny hat seine Hindernisse, und Sie fahren zu Tantchen zurück und können sich dort in aller Ruhe um zwei Damen kümmern.

VALMONT:

Ihre Durchtriebenheit lässt mein Begehren in neue Höhen steigen. Vergessen Sie unsere Abmachung. Geben Sie sich mir sofort hin.

MERTEUIL:

(nur Millimeter von seinem Mund entfernt.) Ja, das wäre verlockend. (Entzieht sich ihm.)Aber leider habe ich andere Pläne.

VALMONT:

Ach, kommen Sie. Werden Sie Belleroche untreu.

MERTEUIL:

Oh, Belleroche ist nur ein Zeitvertreib. Nicht nur Sie haben große Ziele. Ich werde noch heute Abend den Marquis de Prévan verführen.


- 33 Pré… Prévan? Das lassen Sie gefälligst bleiben!

MERTEUIL:

So? Und mit welchem Recht glauben Sie, mir diesen Befehl erteilen zu dürfen?

VALMONT:

Dieser Mann ist gefährlich. Mir fast ebenbürtig.

MERTEUIL:

Und? Sie kennen mich doch.

VALMONT:

Er würde nicht zögern, Ihren Ruf zu zerstören.

MERTEUIL:

Glauben Sie mir, ich bin durchaus in der Lage, meinen Ruf selbst zu schützen.

VALMONT:

Nicht gegen ihn! Sie sind diesem Schurken nicht gewachsen! Verdammt, ich hätte Sie nicht für so dumm gehalten!

MERTEUIL:

Vicomte! Was erlauben Sie sich?!

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VALMONT:

Nr. 14: Siegen oder untergehn

MERTEUIL:

Woll’n Sie mich belehren? Sowas muss ich mir verbitten. Glauben Sie denn wirklich, Ich sei durch und durch naiv?

Ich hab schon im Leben jede Grenze überschritten. Ich hab mehr gewagt als Sie. Und noch niemals fiel ich tief.

N

IC

Warum glauben Männer immer, Frauen würden schwach sein? An die Kraft der Frauen reichen Männer nicht heran. Ehrgeizige Frauen müssen listig und hellwach sein. Aber meistens sieht man ihnen das nicht an.

Denn eine Frau muss viel durchtriebener als ein Mann sein, Wenn sie etwas haben will. Sie kann es sich nicht einfach offen nehmen wie ein Mann. Ich kann mir leisten, was keine kann. Aber darunter leidet nicht mein Ruf. Ich bin unfehlbar, Weil ich mich gänzlich selbst erschuf. Ich war noch keine sechzehn Jahre, Da war mir schon eines klar: Viel zu wissen macht uns stark.

Ich sah mir alles ganz genau an, Doch nicht das, was man mir zeigte, Sondern was man verbarg.


- 34 (MERTEUIL)

Das lehrte mich, dass die Verstellung Eine große Tugend ist, Für uns Frauen ganz speziell. Und ich lernte schnell, Stach mir unterm Tisch die Gabel ins Fleisch Und lächelte froh. Und im größten Glück erschien ich doch kühl Und meisterte bald ein jedes Gefühl.

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Ich habe es zur Meisterschaft in diesem Spiel gebracht, In diesem alten Spiel um Verführung und Macht. Wer mich bezwingen will, Der wird nicht gegen mich bestehn. Denn für mich heißt es immer nur Siegen oder untergehn.

Ich ging als Jungfrau in die Ehe, Und schon in der ersten Nacht wurd‘ ich an Erfahrung reich. Ich registrierte jede Regung. Ob es Lust war oder Schmerz, alles zählte für mich gleich.

Ich habe es zur Meisterschaft in diesem Spiel gebracht, In diesem alten Spiel um Verführung und Macht. Wer mich bezwingen will, Der wird nicht gegen mich bestehn. Denn für mich heißt es immer nur Siegen oder untergehn. Und Sie werden sehn: Untergehn, Nein, niemals!

N

IC

Ich lernte schnell und lernte gut, Eignete mir alles an, Nahm mir Liebhaber, und dann, Plötzlich starb mein Mann. Nach kaum einem Jahr. Es sollte so sein. Denn nun war ich frei. Und was ich gelernt, In all dieser Zeit, Das setzte ich ein Und tu es bis heut.

Zehnte Szene:

Cécile sitzt träumend in ihrem Zimmer. Ihre Mutter kommt herein und geht geradewegs auf Céciles Schminktisch zu. Sie will eine Schublade öffnen, doch diese ist verschlossen. Volanges streckt die Hand aus. VOLANGES:

Den Schlüssel.

CÉCILE:

Den habe ich nicht.

VOLANGES:

Den Schlüssel!

Widerstrebend nimmt Cécile den Schlüssel von einer Kette, die sie um den Hals trägt und gibt ihn ihrer Mutter. Volanges schließt die Schublade auf und zieht einen Stapel Briefe heraus. Sie sieht ihre Tochter vorwurfsvoll an. Cécile senkt den Kopf.


- 35 Elfte Szene: Valmont trifft sich mit Danceny. Nr. 14a: Untermalung Monsieur, Madame de Merteuil sagte, ich kann Ihnen vertrauen.

VALMONT:

Das können Sie, junger Freund. Wie ich höre, sind Sie verzweifelt, weil Ihre Liebste Ihnen entrissen wurde.

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DANCENY:

DANCENY:

Ihre Mutter ist mit ihr aufs Land gefahren.

VALMONT:

Doch wie es der Zufall will, wohnt sie bei meiner Tante.

DANCENY:

(hält ihm eilig einen Brief hin) Oh, würden Sie ihr diesen Brief von mir übergeben?

VALMONT:

Nichts lieber als das. Es gibt für mich keinen größeren Genuss als jungen Liebenden behilflich zu sein.

Zwölfte Szene:

Eine heruntergekommene Hütte in einem Dorf. Zwei Gerichtsdiener tragen ein ärmliches Bett heraus. Sie werden gefolgt von einem Steuereintreiber und dem Bewohner der Hütte, Monsieur Gérard sowie seiner Frau und zwei halbwüchsigen Töchtern. GÉRARD:

Bitte nicht auch noch das Bett. Wo sollen wir schlafen? Denken Sie doch an die Kinder.

EINTREIBER:

Es tut mir leid. Wenn ich es nicht pfände, komme ich selber in Teufels Küche.

GÉRARD:

Aber was sollen wir denn tun?

EINTREIBER:

Ich kann Ihnen nicht helfen.

(Da treten Valmont und Azolan auf.) Was geht hier vor?

EINTREIBER:

(unterwürfig) Nichts von Belang, Monsieur. Wir pfänden nur die Habe dieser Familie, die die Steuer nicht gezahlt hat.

N

IC

VALMONT:

GÉRARD:

Bitte, Monsieur. Uns bleibt nichts mehr.

VALMONT:

Wie viel ist er schuldig?

EINTREIBER:

56 Livres.

VALMONT:

Wenn es weiter nichts ist. Azolan, gib dem Mann das Geld. (Azolan tut es.) Und nun lassen Sie dem Mann seine Einrichtung. (Der Steuereintreiber verbeugt sich, winkt seinen Gehilfen und geht mit ihnen ab. Gérard und seine Familie fallen Valmont zu Füßen.)

GÉRARD:

Monsieur, Sie hat der Himmel gesandt. Tausend Dank unserem Wohltäter.


- 36 MADAME GÉRARD:

Sie haben uns das Leben gerettet.

VALMONT:

(gibt ihnen noch einige Geldstücke in die Hand) Ich habe es gerne getan. Ich möchte helfen, wo ich kann.

GÉRARD:

Danke, Monsieur.

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(Valmont geht mit Azolan zur Seite, während die Familie das Bett wieder ins Haus trägt.) Nr. 15: Nächstenliebe

VALMONT:

Das hast du gut gemacht, Azolan. Die Leute war‘n geschickt ausgewählt. Genügend zerlumpt, Die Frau‘n nicht zu hübsch, Damit man mir nichts and’res unterstellt Als nur Barmherzigkeit.

AZOLAN:

Danke, Herr. Und während Sie barmherzig waren, habe ich Madame Tourvels Diener beobachtet. Er saß hinter diesem Busch dort Und er hat sich das Geschehn Voller Interesse angesehn.

VALMONT:

Exzellent. Jetzt dürfte er schon auf dem Weg zu seiner Herrin sein, um ihr von meinen Wohltaten zu berichten. Wobei ich sagen muss: Ich könnte Gefallen daran finden. Als die armen Leutchen da so vor mir auf den Knien lagen, Das war schon ein Gefühl, Da kriegte man fast feuchte Augen. Die Nächstenliebe scheint mir nicht mehr so ermüdend und banal. Vielleicht mach ich es noch mal. Irgendwann…

Dreizehnte Szene

N

IC

Im Salon von Madame Rosemonde. Dort sitzen Tourvel, Cécile und Madame de Volanges. Rosemonde spielt Cembalo. Nr. 15a: Untermalung

ROSEMONDE:

Cécile, Sie sehen heute schon viel besser aus.

CÉCILE:

Danke, Madame.

VOLANGES:

Ja, das habe ich auch schon zu ihr gesagt. Hier auf dem Land, weitab von den ungesunden Einflüssen von Paris, kommt man ganz leicht zur Ruhe, nicht wahr, Cécile? (Cécile wirf ihr einen beleidigten Blick zu. Tourvels Diener Jean tritt auf.)

JEAN:

(zu Tourvel) Madame? (Er flüstert ihr etwas ins Ohr.)


- 37 TOURVEL:

Wirklich? Wer hätte das gedacht? (zu Volanges,) Sehen Sie, meine liebe Freundin, ich habe gleich gesagt, Sie übertreiben.

VOLANGES:

Inwiefern? (Valmont kommt dazu.) Ah, Vicomte. Ich habe soeben von Ihrer edlen Gesinnung erfahren.

VALMONT:

Edle Gesinnung? Da müssen Sie mich verwechseln, Madame.

TOURVEL:

Sie brauchen nicht zu leugnen. Mein Diener hat alles gesehen.

VALMONT:

Was denn?

TOURVEL:

(in die Runde) Mein Diener Jean war heute zufällig im Dorf und wurde Zeuge, wie Monsieur Valmont einer Familie half, deren Hab und Gut gepfändet werden sollte. Er hat einfach ihre sämtliche Schuld beglichen. Also leugnen Sie es nicht, Monsieur.

ROSEMONDE:

Mein lieber Neffe, fühlen Sie sich nicht wohl? Plötzlich auftretende Nächstenliebe ist oft das Vorzeichen eines schweren Nervenleidens.

VALMONT:

Sie trat nicht plötzlich auf. Sie war das Ergebnis einer langen Entwicklung. Übrigens ist die Ehefrau des armen Mannes sehr krank. Ich habe ihr versprochen, in der Kapelle eine Kerze für sie anzuzünden und ein Gebet zu sprechen.

ROSEMONDE:

Wie ich befürchtete. Ein Nervenleiden.

VALMONT:

Madame de Tourvel, würden Sie mich begleiten? Ich fürchte, meine Praxis im Beten bedarf einiger Auffrischung.

TOURVEL:

Gott nimmt auch das unbeholfenste Gebet gnädig an.

VALMONT:

Ich bitte Sie inständig.

ROSEMONDE:

Gehen Sie nur mit, meine Liebe. Die Armen können jede Unterstützung gebrauchen.

N

IC

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TOURVEL:

(Tourvel steht auf und geht mit Valmont. Beim Hinausgehen lässt Valmont, von den anderen unbemerkt, Dancenys Brief in Céciles Schoß fallen. Sie erschrickt und versteckt den Brief schnell.)


- 38 Vierzehnte Szene: Valmont und Tourvel allein. Nr. 15b: Untermalung Diese lange Entwicklung zur Nächstenliebe… Sie wissen, dass ich sie nur Ihnen verdanke.

TOURVEL:

Das freut mich. Dennoch kann ich Ihnen nicht verzeihen, dass Sie sich meiner Bitte so einfach widersetzt haben. Sie sollten sich von mir fernhalten. Stattdessen kommen Sie wieder her, als seien meine Wünsche Ihnen nichts wert.

VALMONT:

Ihre Wünsche sind Befehle für mich. Aber wie ich Ihnen sagte, wichtige Geschäfte, die auch meine Tante betreffen, zwingen mich, noch einige Zeit hier zu verweilen. Dennoch leugne ich nicht, dass ich es genieße, in Ihrer Nähe zu sein.

TOURVEL:

Hören Sie bitte auf. Ich habe Ihnen meine Freundschaft angeboten. Aber Sie sprechen immer nur von Liebe. Ich habe Ihnen gestattet, mir zu schreiben, und in jedem Brief schreiben Sie, wie sehr Sie mich lieben.

VALMONT:

Wie kann ich denn anders?

TOURVEL:

Bitte bedrängen Sie mich nicht mehr. Sie stören meine Seelenruhe.

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VALMONT:

(Ab.)

VALMONT:

Wie kann ich das, wenn Sie mich nicht schon lieben? (Cécile kommt zu ihm.)

Monsieur, der Brief, den Sie mir zugesteckt haben…

VALMONT:

Er ist von Ihrem Liebsten, freuen Sie sich nicht? Danceny hat mir berichtet, dass Ihre Mutter Sie von ihm fernhält.

CÉCILE:

Ich sterbe fast vor Sehnsucht nach ihm. Er schreibt, Ihnen könne ich vertrauen.

IC

CÉCILE:

N

VALMONT:

Er schickt seine Briefe über mich, und ich leite Ihre Briefe gerne an ihn weiter.

CÉCILE:

Oh, tausend Dank. Sie sind ein Engel.

VALMONT:

Allerdings können wir den Austausch nicht in aller Öffentlichkeit vollziehen…

CÉCILE:

Meine Mutter lässt mich den ganzen Tag nicht aus den Augen.

VALMONT:

Von morgens bis nachts?

CÉCILE:

Erst beim Schlafengehen.

VALMONT:

Gut. Geben Sie mir den Schlüssel zu Ihrem Zimmer. Ich werde eine Kopie davon anfertigen lassen, und so können wir jeden Abend, wenn Sie alleine sind, die Briefe austauschen.


- 39 CÉCILE:

Oh, wie klug von Ihnen. So machen wir es. Vielen Dank, Monsieur. Ich hole den Schlüssel. Bis später. (Ab.) (Tourvel kommt zurück. Als sie Valmont sieht, will sie ihm ausweichen, aber er tritt ihr in den Weg.)

TOURVEL:

Ich habe mein Gebet gesprochen. Wenn es Ihnen Ernst ist mit der Nächstenliebe, sollten Sie jetzt die Kapelle aufsuchen.

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Nr. 16: So selbstlos ist meine Liebe

Sie werfen mir vor, dass ich von Liebe rede. Aber zu schweigen, Das wäre heuchlerisch.

TOURVEL:

Hören Sie auf.

VALMONT:

Der Mann, der ich einmal gewesen bin, Der hätte Ihnen Freundschaft vorgegaukelt, Um Sie zu verführen. Doch nun verberge ich nicht mein Gefühl, Gestehe Ihnen alles offen ein. Darum haben Sie nichts zu befürchten. Ich fühle kein Begehren. Ich möchte nur Ihr Glück. Sehn Sie nicht? So selbstlos ist meine Liebe. Ich bin schon zufrieden, nur in Ihrer Nähe zu sein, Sie anzusehn, Ihre Stimme zu hören. Können Sie mir das nicht gewähren? Mir würde es das höchste Glück bescheren, Und Sie würden nichts Unehrenhaftes tun.

TOURVEL:

Hören Sie auf.

VALMONT:

Machen Sie mir meine Liebe zum Vorwurf?

TOURVEL:

Nein. Sagen Sie…

VALMONT:

Was meinen Sie?

TOURVEL:

Mich zu sehen und mich nicht berühren zu dürfen?

N

IC

VALMONT:

Ist es sehr schwer?

VALMONT:

Erst schien es mir das Schwerste, was ich je getan habe. Aber jetzt bin ich glücklich in der Entsagung. Um Ihres Wohles willen.

TOURVEL:

Ja. Ich verstehe. Also gut. Ich gewähre Ihnen meine Freundschaft. Und nun gehen Sie in die Kapelle. Beten Sie.

VALMONT:

Ich danke Ihnen. Und ich will aus doppeltem Grund in die Kapelle gehen. Um für die kranke Frau zu beten und um Gott für die Gnade zu danken, Ihnen begegnet zu sein. (Ab)


- 40 Nr. 17: Nur zu gut TOURVEL:

So allein mit seiner Liebe. Ich versteh ihn nur zu gut. Dem Gefühl zu widerstehen, Sich zu zügeln, Zu entsagen, Ist unfassbar schwer.

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Diese nicht gestillte Leidenschaft. Dieses schleichend leise Schuldbewusstsein, Wenn man merkt, man fühlt mehr als man sollte. Das Bedürfnis nach Berührung, Der fast körperliche Schmerz, Der überwältigende Wunsch nach mehr, Ja, ich versteh ihn nur zu gut.

Fünfzehnte Szene

Nacht. Cécile liegt in ihrem Bett. Valmont kommt herein.

Nr. 18: So stark wie der Tod ist die Liebe (Pre-Reprise)

CÉCILE:

(erschrocken) Wer ist da?

VALMONT:

Pst. Ich bin’s nur.

CÉCILE:

Haben Sie einen Brief von Danceny?

VALMONT:

Natürlich. Wie jeden Abend. Er muss dich wirklich sehr lieben.

CÉCILE:

Oh ja, das tut er. Hier ist mein Brief an ihn. (Valmont setzt sich aufs Bett.)

Freust du dich darauf, ihn endlich wiederzusehen?

CÉCILE:

Ich kann es kaum erwarten!

VALMONT:

Und was werdet ihr dann tun?

N

IC

VALMONT:

VALMONT:

Oh, wir werden uns freuen, wir werden lachen, vielleicht spielen wir uns Lieder vor…

VALMONT:

Und küssen werdet ihr euch nicht?

CÉCILE:

Küssen? Ich… ich weiß nicht. Müssen wir?

VALMONT:

Küssen ist etwas sehr Schönes. Wenn man es einmal getan hat, fragt man nicht mehr, ob man muss.

CÉCILE:

Ja, das habe ich auch schon…

VALMONT:

Schau her. (Er küsst sie. Sie fährt zurück.)

CÉCILE:

Was tun Sie?


- 41 VALMONT:

Siehst du. Das war ein Kuss.

CÉCILE:

Bitte lassen Sie das.

VALMONT:

War das zu kurz, um dich vollends zu überzeugen? Also gut. (Er küsst sie länger. Sie gibt in seinen Armen langsam nach, da beginnt er ihre Brust zu streicheln.) Ni-icht! Ich rufe um Hilfe!

VALMONT:

Das würde ich an deiner Stelle nicht tun. Was würde man hier vorfinden? Einen Mann in deinem Zimmer, dem du selbst den Schlüssel gegeben hast? Du wärest für alle Zeiten entehrt.

CÉCILE:

Oh Gott!

VALMONT

Sei nicht ängstlich. Keiner sieht uns. Wir sind ganz allein.

CÉCILE:

Bitte, Monsieur.

VALMONT:

Jeder sagt dir, Du musst schamhaft und ohne Begehren sein.

CÉCILE:

Nein, nein.

VALMONT:

Doch glaub mir, So stark wie der Tod ist die Liebe. Keiner kann je ihrem Ruf widerstehn. Wir müssen ihr folgen, Und so lass es einfach geschehn!

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CÉCILE:

N

IC

(Während er singt, küsst er sie überall im Gesicht, am Hals und an den Schultern, die er bereits freigelegt hat. Als er eine Hand in ihren Schritt legt, zuckt sie erst zusammen, aber dann lässt sie sich von ihren Gefühlen überwältigen. Dunkel.)


- 42 Sechzehnte Szene Merteuil sitzt in ihrem Salon und schreibt einen Brief. Nr. 19: Meisterin und Schülerin „Meine liebe Cécile, Was Sie mir schreiben, bewegt mich zutiefst. Ich will gern Ihre Freundin sein, Der Sie alles anvertrauen. Ich versteh Ihre Scham. Das war nicht richtig von Monsieur Valmont. Doch die Scham ist wie der Schmerz, Man spürt sie beide nur beim ersten Mal.

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MERTEUIL:

Nichts Schlimmes ist geschehn. Sie lieben Ihren Danceny doch wohl noch immer. Das heißt, Sie sind ihm weiter treu. Sie haben ihn nicht wirklich mit Valmont betrogen.

(Man sieht Cécile, die den Brief liest. Im Hintergrund sieht man Valmont mit Tourvel spazierengehen. Sie wirken sehr innig. Tourvel wirft den Kopf zurück und lacht unhörbar.) Drum tun Sie weiter, was Sie getan. Und fangen Sie zu lernen an. Denn irgendwann sind Sie nicht mehr von Danceny getrennt. Dann wird er staunen über Ihr Talent. (Der Brief wird von Cécile weiter vorgelesen.)

N

IC

CÉCILE:

„über Ihr Talent. Valmont soll nun Ihr Lehrer sein. Er führt Sie in die Liebe ein. Zu lernen gibt’s genug.“ (Sie küsst den Brief.) Herzlichen Dank für Ihren Rat. Sie sind so klug!

(Volanges und Rosemonde spazieren über die Bühne.)

Nr. 19a: Untermalung

VOLANGES:

Ich mache mir etwas Sorgen um Cécile. Sie ist in letzter Zeit immer so müde und hat bedenklich dunkle Ringe unter den Augen. Vielleicht würde ihr mehr Bettruhe gut tun.

ROSEMONDE:

Ich habe eher das Gefühl, dass sie etwas zu viel Zeit im Bett verbringt.

(Im Hintergrund sieht man, wie Cécile im Bett rittlings auf Valmont sitzt. Sie schreit laut vor Lust.)


- 43 Siebzehnte Szene Tourvel sitzt alleine im Salon und liest. Aus dem Nebenraum hören wir den Klang eines Cembalos. Aber sie kann sich nicht konzentrieren. Immer wieder schweift ihr Blick ab und bekommt einen träumerischen Ausdruck. Valmont kommt herein. Nr. 19b: Rosemonde spielt Hier sind Sie. Das Haus ist wie ausgestorben. Nur Tante Rosemonde traktiert nebenan ihr Cembalo.

TOURVEL:

Die anderen sind schon zu Bett gegangen. Aber ich…

VALMONT:

Sie können nicht schlafen? Mir geht es ebenso. Seit Tagen schon bin ich zutiefst erschöpft, aber der Schlaf will nicht kommen.

TOURVEL:

Ja…

VALMONT:

Dieser scheußliche Regen. Ich habe unseren täglichen Spaziergang heute sehr vermisst.

TOURVEL:

Ja…

VALMONT:

Ist Ihnen nicht wohl? Sie wirken so erhitzt.

TOURVEL:

Doch, es ist alles in Ordnung. Ich… ich werde jetzt doch zu Bett gehen.

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VALMONT:

(Sie steht auf, aber er hält ihre Hand fest. Sie erschauert bei der Berührung. Er beginnt mit ihr zu tanzen. Zuerst lässt sie es geschehen. Aber dann hält sie inne.) Was haben Sie? Ich dachte, wir wären uns einig. Ich spreche nicht mehr von meiner Liebe, und Sie lassen mich in Ihrer Nähe sein.

TOURVEL:

Ihr Mund mag nicht mehr von Liebe sprechen, aber Ihre Augen umso mehr. Und jeden Tag tiefer.

VALMONT:

Ich habe Ihnen geschworen, Sie nicht zu bedrängen. Haben Sie keine Angst um Ihre…

IC

VALMONT:

N

TOURVEL:

(heftig) Das ist es doch nicht!

(Sie lässt sich in einen Sessel fallen. Valmont hält weiter ihre Hand und kniet sich vor sie.)

VALMONT:

Was ist es dann? Sagen Sie es mir.

TOURVEL:

Nein, nein. Oh Gott.

(Sie legt ihren Kopf an seine Schulter, nimmt ihn aber gleich wieder hoch.) VALMONT:

Oh, ich ahne. Das, was ich nie beabsichtigte, ist geschehen.

TOURVEL:

Nein.

VALMONT:

Sie lieben mich.


- 44 TOURVEL:

Hören Sie auf.

VALMONT:

Aber ich muss es wissen. Sie lieben mich?

TOURVEL:

Nein.

VALMONT:

Ich habe geschworen, auf Sie zu verzichten. Aber gönnen Sie mir diesen einen Trost.

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Nr. 20: Erlösen Sie mich!

Sagen Sie es. Sagen Sie es! Lieben Sie mich?

TOURVEL:

Ja! Oh Gott, ja, ja. Ich liebe Sie. Es ist wahr! Es ist wahr! Und ich dachte immer, so ergeht’s nur andern und nicht mir. Gott bestraft mich nun dafür. Für den Stolz, Für den Wahn, Für die Anmaßung, zu denken, dass ich so viel besser bin. Doch mein Stolz ist nun dahin.

(Sie wirft sich ihm zu Füßen und umklammert verzweifelt seine Beine.)

Nun lieg ich hier auf den Knien. Und ich kann nicht mehr vor Ihnen fliehn. Denn die grässliche Liebe zu Ihnen ist stark, Und ich kann mich ihr nicht mehr entziehn.

N

IC

Zeigen Sie Gnade mit mir. Sie müssen fortgehn von hier. Machen Sie meiner Bedrängnis ein Ende, Bevor ich mich völlig an Sie verlier!

Erlösen Sie mich Von den Gedanken an Sie. Retten Sie mich Vor Ihnen und mir selbst. Ich kann mir nicht mehr trauen. Denn Sie zu meiden, ist zu schwer. Ich will Sie viel zu sehr! Erlösen Sie mich Von dem Verlangen! Ja, erlösen Sie mich! Mir fehlt die Kraft dazu. Erlösen Sie mich! Verlassen Sie mich! Erlösen Sie mich! Nehmen Sie mich! Verlassen Sie mich! Nehmen Sie mich! Ja, nehmen Sie mich!


- 45 (Sie sind ganz kurz davor, sich zu küssen, da zieht sich Valmont abrupt, fast brutal zurück.) VALMONT:

(ruft laut) Tante! Tante! Schnell!

TOURVEL:

Was tun Sie? (Rosemonde kommt hereingelaufen.) Was ist denn, mein Junge?

VALMONT:

Madame de Tourvel fühlt sich nicht wohl.

TOURVEL:

Nein.

VALMONT:

Bitte kümmern Sie sich um sie.

ROSEMONDE:

Was haben Sie denn, mein armes Kind?

TOURVEL:

Nein.

ROSEMONDE:

Kommen Sie, ich bringe Sie in Ihr Zimmer.

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

ROSEMONDE:

(Rosemonde führt die zitternde Tourvel hinaus. Valmont bleibt alleine zurück.) Nr. 21: Allmächtig

N

IC

VALMONT:

Sie lag mir zu Füßen. Ich hörte sie flehn. Ich fühlte sie zittern. Doch warum ließ ich sie gehn?

Sie wäre gefallen. Jetzt wäre sie mein. Was hielt mich davon ab? Es war Mitleid mit ihrem Schmerz. Ich beherrsche ja schon ihr Herz. So fühlt es sich an, Göttlich zu sein.

Sie war standhaft wie ein Fels. Sie war unerschütterlich treu. Nur Beschränkung und Entsagung war ihr Ziel. Und sie hat mir all die Zeit Widerstanden wie keine and’re. Doch nun fiel sie wie noch keine jemals fiel.

Alle Dinge, an die sie glaubt, Und alles, was für sie zählt, Gäb sie auf, nur für mich. Und ihr Gott, den sie anbetet, Bedeutet ihr nun auf einmal viel weniger als ich.


- 46 (VALMONT)

Gott hat für die Welt sieben Tage gebraucht Und erschuf jeden Berg, jeden Fluss, jeden Stein. Und ich brauchte nur sieben Wochen dazu, Und die Welt, die sie kennt, Wird nie wieder so sein. Denn ab jetzt lebt sie für immer In der Welt, die ich erschuf!

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

Allmächtig! Ich bin wahrhaft allmächtig! Und keine kann mir je widerstehn! Unsterblich! In ihr bin ich unsterblich! Ich allein bin ihr Gott, Und ich weiß, meine Herrschaft wird niemals vergehn! Niemals vergehn!

N

IC

Vor mir wankt der stärkste Fels. Vor mir weicht das wildeste Meer. Ich entfess’le den gewaltigsten Orkan. Vor mir kräuselt sich die Luft. Vor mir neigt sich Himmel und Erde. Wenn ich will, werf‘ ich die Sterne aus der Bahn. Nur ein einziges Wort von mir, Und aus dem trockensten Stein fließt das Wasser heraus. Ich reiß kühn jeden Tempel ein, Und ich erbau aus den Trümmern ein neues schönes Haus. Und in diesem Haus gibt es nur einen Gott, Und wer ihm jemals dient, kommt nie mehr von ihm los. Und wer ihm gefällt, der erhält seinen Lohn. Denn der Gott ist gerecht und barmherzig und groß. Allmächtig! Ich bin wahrhaft allmächtig! Und keine kann mir je widerstehn! Unsterblich! In ihr bin ich unsterblich! Ich allein bin ihr Gott, Und ich weiß, meine Herrschaft wird niemals vergehn! Niemals vergehn!

Allmächtig! Ich bin wahrhaft allmächtig! Sie hat mir ihre Seele geweiht! Allmächtig! Ich bin wahrhaft allmächtig! Sie verrät ihren Gott und verfällt mir in Ewigkeit! (Azolan kommt auf die Bühne gestürzt.)

AZOLAN:

Herr! Herr!

VALMONT:

Was gibt es, Azolan?

AZOLAN:

Sie ist abgereist. Hals über Kopf. Niemand konnte sie aufhalten.

VALMONT:

Abgereist? - Ende des ersten Aktes -


- 47 Zweiter Akt Erste Szene: Wir befinden uns in der Oper. Auf der Opernbühne sehen wir das Ende einer Arie mit Sänger/in und Chor. Es handelt sich um Dancenys erste eigene Oper „Cecilia“. Nr. 22: Was gibt es Neues? Non andar via, pericoloso é!

OPERNSÄNGER/IN:

Niente paura, io mai saró con me. Io dev' andare ora via so che é con me. Lui mi guarda si, sempre.

CHOR:

Non andar lí, rimani qui. Fai attenzion', attenzion' a te, ti protegge dio!

OPERNSÄNGER/IN:

Credi in dio!

ENSEMBLE:

Was gibt es Neues? Die Sommerpause war so lang. Was ist inzwischen geschehn?

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

CHOR:

Ist wer gestorben? Hat sich ein Liebespaar getrennt? Bei welcher Dame ist ein runder Bauch zu sehn?

Hat sich die Vorhaut uns’res Königs diesmal genug gedehnt? Weil er sich doch ein weit’res Kind ersehnt. (hämisch) Der arme Mann. Was gibt es Neues? Wir wollen wissen, Wen man wohl diesmal mit Verachtung strafen kann.

IC

(Merteuil steht mit Volanges und Cécile zusammen. Danceny geht durch das Ensemble und bekommt Applaus.) Meine Damen.

MERTEUIL:

Bravo, Chevalier! Ihnen steht eine große Zukunft bevor. (zu Volanges) Finden Sie nicht, es war eine außerordentliche Leistung für seine erste Oper?

VOLANGES:

Mag sein. Dennoch sollte ein anständiger Mann etwas Besseres mit seinem Leben anfangen als ein paar alberne Melodien zu klimpern. Sonst findet er nie eine Frau. Komm, Cécile.

N

DANCENY:

(Sie geht mit Cécile ab, die Danceny traurige Blicke zuwirft.)

MERTEUIL:

Machen Sie sich nichts daraus. Wir werden schon etwas finden, um Sie aufzuheitern. (Valmont kommt dazu.)

VALMONT:

Marquise. Chevalier. Kompliment für Ihre Komposition.


- 48 Vicomte! Ich sehe, Sie begeben sich wieder in Gesellschaft. Haben Sie die Enttäuschung über Ihre Niederlage endlich überwunden?

VALMONT:

(leise zu Merteuil) Es war durchaus keine Niederlage. Ich habe Madame Tourvel verschont. Ich hatte Mitleid mit ihr. Und dann verschwindet sie einfach wie ein Dieb in der Nacht.

DANCENY:

Monsieur, ich möchte Ihnen für alles danken, was Sie für Cécile und mich getan haben.

VALMONT:

Oh nein, glauben Sie mir, es war mir ein reines Vergnügen. Obwohl ich sehen muss, dass Céciles Mutter sie immer noch von Ihnen fernhält.

DANCENY:

Ja, aber die Briefe, die wir dank Ihnen austauschen konnten, halten unsere Liebe am Leben.

VALMONT:

Oh ja, ich kann Ihnen versichern, Cécile denkt Tag und Nacht nur an Liebe.

DANCENY:

Ich stehe in Ihrer Schuld.

VALMONT:

Die Landluft scheint ihr ohnehin gut getan zu haben. Sie hat in letzter Zeit sogar etwas zugenommen.

DANCENY:

Ich hoffe, ich kann mich eines Tages bei Ihnen revanchieren. (Er wird von einem Bewunderer angesprochen.) Entschuldigen Sie mich.

MERTEUIL:

Sie hat zugenommen?

VALMONT:

Ja, ich habe Grund zu der Annahme, dass der nächste Spross des Hauses Gercourt ein Valmont sein wird. Damit wäre die Rache an Ihrem untreuen Liebhaber vollkommen, nicht wahr?

MERTEUIL:

Hoffen wir, dass die Hochzeit bald stattfindet, bevor es auffällt.

VALMONT:

Und ich kann mich nun wieder meinem vorrangigen Ziel widmen: der Eroberung der göttlichen Madame de Tourvel.

MERTEUIL:

Ach, Sie haben noch nicht aufgegeben? Warum haben Sie sie dann überhaupt entwischen lassen?

IC

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MERTEUIL:

Es wird nicht wieder vorkommen.

MERTEUIL:

Sie meinen, Sie werden nie wieder die Chance haben?

VALMONT:

Ganz im Gegenteil. Ihre Zofe verschafft mir ihre Briefe...

N

VALMONT:

Nr. 23: Liebe macht uns schwach

...und hält mich über jeden ihrer Schritte unterrichtet. Sie geht nicht aus, sie isst kaum, sie liest nur erbauende Bücher - kurz: sie verzehrt sich nach mir.

MERTEUIL:

So wie ich, mein Freund. Wenn Sie nur endlich Erfolg hätten. Dann dürften Sie Ihren Wettgewinn bei mir einlösen. Aber so…

VALMONT:

Nur noch eine Frage der Zeit, und ich werde das doppelte Vergnügen mit Madame Tourvel und mit Ihnen haben.


- 49 MERTEUIL:

Die Freuden, die ich Ihnen bieten kann, mit den langweiligen Küssen dieser Pute zu vergleichen, ist keine kleine Beleidigung, Vicomte.

VALMONT:

Verzeihen Sie. Aber ich muss diese Frau einfach haben, um mich vor der Lächerlichkeit zu bewahren, in sie verliebt zu sein. Ich werde Sie auf dem Laufenden halten.

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(Er geht ab. Merteuil singt ihren Kommentar. Dabei beobachtet sie das Ensemble, das verschiedene Arten des Flirtens zeigt. Danceny steckt Cécile heimlich einen Brief zu, sie wird aber schnell von ihrer Mutter weggezogen.)

MERTEUIL:

Was erzählt er da von Liebe? Liebe! Ausgerechnet er. Für ihn zählt doch nur Verführung. Er strebt nicht nach mehr.

Er und ich, wir wissen beide, Liebe quält uns nur und bringt uns um. Trotzdem wollen alle Liebe, Ständig Liebe. Gott, wie dumm! Liebe macht uns schwach, Liebe saugt uns aus, Liebe ist nur für die Verwirrten gut, Die sich gerne suhlen im eigenen Leid.

Liebe macht uns dumm, Liebe macht uns krank. Und wer ihre Kräfte beherrschen will, Der muss ihr entsagen für ewige Zeit, Ewige Zeit.

N

IC

Und wenn man das weiß, Dann beginnt der Spaß. Dann beginnt das grausame Spiel. Man spielt mit den Herzen der Menschen, Und Macht über sie ist das einzige Ziel.

Liebe macht uns schwach, Liebe saugt uns aus, Und wer ihre Kräfte beherrschen will, Der muss ihr entsagen für ewige Zeit, Ewige Zeit.

Es kommt darauf an, Den Spieß umzudrehn. Dann wird es auf einmal ganz leicht. Und man setzt die Liebe als Waffe ein. Das ist der Weg, wie man alles erreicht. Liebe macht euch schwach, Liebe saugt euch aus, Liebe ist nur für die Verwirrten gut, Die sich gerne suhlen im eigenen Leid.


- 50 (MERTEUIL)

Liebe macht euch dumm, Liebe macht euch krank. Und wer ihre Kräfte beherrschen will, Der muss ihr entsagen für ewige Zeit, Ewige Zeit! Ewige Zeit! Ewige Zeit!

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Zweite Szene:

Im Haus von Tourvel. Sie sitzt in einem Sessel, als ihr Diener Valmont hereinführt. JEAN:

Der Vicomte de Valmont, Madame.

TOURVEL:

Danke, Jean. (Jean ab.)

VALMONT:

Wie ich höre, hat Pater Anselm mit Ihnen den Anlass meines Besuches besprochen.

TOURVEL:

Er sagte, Sie wollten sich mit mir aussöhnen, bevor Sie bei ihm die Exerzitien beginnen.

VALMONT:

Das stimmt.

Nr. 24: So stark wie der Tod ist die Liebe

Aber ich sehe keinen Grund für eine förmliche Aussöhnung. Sie haben an mir kein Unrecht getan.

VALMONT:

Und doch scheinen Sie es so zu sehen. Sie flohen Hals über Kopf aus dem Haus, Noch vor dem frühesten Licht. Sie schicken all meine Briefe zurück. Und Sie empfangen mich nicht. So behandelt man Verbrecher, Wie sonst ist das zu verstehn? Muss ich darin nicht Verachtung sehn?

IC

TOURVEL:

Sie kennen den wahren Grund.

VALMONT:

Aber habe ich Ihnen nicht meine Ehrenhaftigkeit bewiesen? Habe ich nicht eine geradezu übermenschliche Zurückhaltung gezeigt?

TOURVEL:

Und dafür bin ich Ihnen dankbar. Aber gerade darum werden Sie verstehen, dass wir uns nicht mehr sehen dürfen. Nicht aus Verachtung, sondern um meines Seelenheils willen.

VALMONT:

Und das sehe ich ein.

TOURVEL:

Danke.

VALMONT:

Auch wenn das für mich heißt, Ohne Liebe zu leben, Keine Hoffnung zu haben, Jemals glücklich zu sein. Da hilft nichts als der Tod.

N

TOURVEL:


- 51 Was sagen Sie da? Das dürfen Sie nicht. Ich möchte nur, dass Sie glücklich sind.

VALMONT:

Nein, ich werde niemals glücklich, Wenn ich Sie nicht seh‘. Doch ich folge Ihren Wünschen, Tut’s auch noch so weh. Denn ich möchte Sie niemals verletzen. Und Ihr Glück ist mir mehr wert als meins. Und so werde ich von Ihnen gehn In dem Wissen, Sie nie mehr zu sehn. (Er hält ihr mehrere Briefe hin.) Und hier sind Ihre Briefe. Nehmen Sie dieses schmerzliche Opfer an. Diese Briefe sind das trügerische Unterpfand Ihrer Freundschaft. Es hielt mich am Leben. Nehmen Sie es zurück und geben damit selber das Zeichen, dass wir uns für immer trennen.

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TOURVEL:

TOURVEL:

(schwach werdend) Der Gedanke ist kaum erträglich.

VALMONT:

Ich weiß nun, so stark wie der Tod ist die Liebe. Sie packt uns, und nichts ist mehr so wie es war. Und wenn auch die Schätze der Erde vergehen, Die Liebe bleibt da.

TOURVEL:

(gehaucht) Ja.

VALMONT:

Ich fühl es: So stark wie der Tod ist die Liebe. Sie leuchtet ins ewige Dunkel hinein. Sie ist allumfassend und groß Und ganz bedingungslos. So stark wie der Tod kann nur wahre Liebe sein.

TOURVEL: Es ist wahr. Ich kann nur glücklich werden,

N

IC

Wenn ich Sie glücklich machen kann. (Sie legt ihm zärtlich die Hand auf den Kopf.) Und ich will mich ab jetzt Dieser Aufgabe widmen, Voller Freude, Mit Herz und mit Sinn, Ganz und gar. Keine Reue mehr, Weil ich nun sicher bin. Mit Haut und Haar Geb ich mich Ihnen hin. Alles ändert die Liebe. Sie ist allumfassend und groß Und ganz bedingungslos.

VALMONT:

So stark wie der Tod ist die Liebe.

Geheiligt und selbstlos und rein. Voller Freude, Mit Herz und mit Sinn. Sie fragt nicht nach Nutzen Und nicht nach Gewinn. Keine Reue mehr. Und keine Seelenqual.

Denn alles verändert die Liebe. Und nichts ist mehr so wie es war. Sie ist allumfassend und groß Und ganz bedingungslos.


IC

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N

- 52 -


- 53 VALMONT:

So stark wie der Tod ist die Liebe.

TOURVEL:

So stark wie der Tod ist die Liebe.

BEIDE:

So stark wie der Tod kann nur wahre Liebe sein.

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Ich weiß nun, so stark wie der Tod ist die Liebe. Sie packt uns, und nichts ist mehr so wie es war. Und wenn auch die Schätze der Erde vergehen, Die Liebe bleibt da.

Ich fühl es: So stark wie der Tod ist die Liebe. Sie leuchtet ins ewige Dunkel hinein. Sie ist allumfassend und groß Und ganz bedingungslos.

VALMONT:

So stark wie der Tod ist die Liebe.

BEIDE:

So stark wie der Tod ist die Liebe. So stark wie der Tod kann nur wahre Liebe sein.

(Sie umarmen und küssen sich mit inniger Leidenschaft.)

Dritte Szene:

Im Haus von Merteuil. Valmont stürmt triumphierend herein. Nr. 25: Die Konfrontation Sie ist überwunden! Die Frau ist besiegt!

MERTEUIL:

Wirklich?

VALMONT:

Es ist eine Freude, wenn man in ihren Armen liegt.

MERTEUIL:

Ach?

IC

VALMONT:

N

VALMONT:

Es war unbeschreiblich! Ein einziges Fest! Ein inniges Sichverstehn. Sie gab mir viel mehr Als all der Rest.

Für Stunden waren wir in Ekstase. Noch niemals hab ich so was erlebt. Ein Genuss ohnegleichen Ja, ich hab ihr sogar wahre Liebe geschworen, Und dabei jedes Wort auch wirklich ehrlich gemeint. (Merteuils Gesicht wird zu einer Maske.)

MERTEUIL:

Nein, wie allerliebst. Das freut mich für Sie. Und mit „all dem Rest“ bin ich wohl gemeint.


- 54 (lacht nichtsahnend) Sie sind natürlich ausgenommen.

MERTEUIL:

Ihnen hat die Frau, So fad sie auch ist, Die Sinne verwirrt, So wie es mir scheint.

VALMONT:

Ganz und gar nicht.

MERTEUIL:

Ich kenne Sie so gut wie keinen anderen Mann. Ich seh in Ihre Seele hinein. Sie stehen momentan in einem seltsamen Bann. Es scheint mir fast wahre Liebe zu sein. Das irritiert ungemein.

VALMONT:

Das ist völlig falsch. Ich beweis‘ Ihnen gern, Dass Sie für mich noch immer begehrenswert sind. Denn ich komme her und verlange den Preis, Den Sie mir für den Fall des Erfolgs zugesagt. Ich hab‘ diese Frau bezwungen. Die Belohnung ist nun mein.

MERTEUIL:

Können Sie’s denn auch beweisen?

VALMONT:

Oh, ich bitte Sie. Unter Freunden.

MERTEUIL:

Nun, behaupten kann man immer viel.

VALMONT:

Halten Sie mich für unehrenhaft?

MERTEUIL:

Ist die Täuschung und Verstellung Denn nicht Teil von unserm Spiel?

VALMONT:

Sie fordern allen Ernstes noch Beweise von mir? Was woll’n Sie? Woll’n Sie Briefe von ihr?

MERTEUIL:

Zum Beispiel.

IC

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VALMONT:

N

VALMONT:

Sie sollten mich doch kennen, um mir mehr zu vertrau’n. Ich täusche nur andere Frau’n.

MERTEUIL:

Nein, das ist nicht wahr, Denn vor allem, da täuschen Sie sich selbst, Und zwar sehr. Denn sonst sähen Sie das Ersichtliche: Sie sind unsterblich verliebt in die Frau.

VALMONT:

Das ist Unsinn, das wissen Sie selbst. Und jetzt kommen Sie her. Ich verlang meinen Preis.


- 55 MERTEUIL:

Liebe macht Sie schwach. Liebe macht Sie blind. Liebe macht Sie dumm und bedauernswert. So dass ich Sie wirklich nicht ernst nehmen kann.

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Wenn die Liebe kommt, Unterdrückt man sie. Das war unser Leben lang immer so. Und wer das nicht schafft, der ist kein wahrer Mann, Kein wahrer Mann. Kein wahrer Mann! Ohne Beweis werde ich mich Ihnen nicht hingeben!

VALMONT:

Er wird Ihnen geliefert werden.

Vierte Szene:

Nr. 26: Wovon magst du träumen?

Wir sehen Cécile versonnen Harfe spielen. Danceny beobachtet sie. Es ist nicht klar, ob er wirklich in ihrer Nähe ist oder sich nur ihr Bild vorstellt. DANCENY:

Wovon magst du träumen? Ich wüsste es gern. Von einem entrückten, gold’nen Stern? Von Schlössern im Himmel, Verwunschen und fern, Mit Zinnen aus Silber?

N

IC

Wovon magst du träumen? Ach, wüsst‘ ich es nur. Von rauschenden Bächlein, So rein und pur. Von Bienen und Blüten, Von grüner Natur. Und Quellen, die sprudeln.

Träume nur weiter. Und ich schau dich an Und wünsch mir, dass ich das, Was du dir erträumst, wahr machen kann.

Wovon magst du träumen? Das würd‘ ich gern sehn. Von Schilfrohr‘n, die sachte im Winde wehn? Von Einhörnern, kräftig, verwegen und schön. Und mein Traum bist nur du.

(Cécile spielt versunken ein Harfensolo. Danceny betrachtet sie hingerissen.)

Träume nur weiter. Und ich schau dich an Und wünsch mir, dass ich das, Was du dir erträumst, wahr machen kann.


- 56 (DANCENY)

Wovon magst du träumen? Das würd‘ ich gern sehn. Von Schilfrohr‘n, die sachte im Winde wehn? Von Einhörnern, kräftig, verwegen und schön. Drum träume nur weiter, Voll Unschuld und heiter, Und ich träume weiter von dir.

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Fünfte Szene

Nr. 26a: Ich bereue - Reprise

In Valmonts Schlafzimmer. Im Bett findet offensichtlich Bewegung statt, es ist jedoch nichts zu erkennen. Azolan kommt eilig ins Zimmer. AZOLAN:

Herr! Herr!

(Unter der Bettdecke tauchen Valmont und Émilie auf.)

VALMONT:

Was ist denn?

AZOLAN:

Herr! Madame de Tourvel! Ich kann sie nicht abwimmeln!

(Erschrocken taucht nun auch Cécile unter der Bettdecke auf.) Oh Gott! Sie darf mich nicht entdecken!

VALMONT:

Schnell, Azolan, schaff die Damen durch die Hintertür!

ÉMILIE:

Warum? Ich würde mir die Hochgelobte gerne mal ansehen.

VALMONT:

(nimmt die Herausforderung an) Na gut, warum eigentlich nicht?

ÉMILIE:

(küsst Cécile.) Es war mir ein Vergnügen, meine Kleine.

CÉCILE:

Mir auch!

IC

CÉCILE:

(Cécile mit Azolan ab. Émilie zieht sich schnell an, Valmont zieht sich einen Schlafrock über. Da steht auch schon Tourvel im Raum, entsetzt.)

(gibt Émilie etwas Geld. Spricht geschäftsmäßig.) Bitte, meine Liebe. Und kommen Sie bald wieder.

ÉMILIE:

Das werde ich.

N

VALMONT:

(Sie geht aufreizend an Tourvel vorbei und feixt ihr ins Gesicht. Bevor sie zur Tür hinausgeht, bricht sie in Gelächter aus. Valmont eilt auf die erstarrte Tourvel zu.)

VALMONT:

Was für ein unerwartetes Vergnügen. Wie freue ich mich, Sie zu sehen.

TOURVEL:

(wehrt ihn heftig ab) Fassen Sie mich nicht an!

VALMONT:

Aber…

TOURVEL:

Es ist also doch alles wahr!


- 57 Nein, lassen Sie mich…

TOURVEL:

Ich will Ihre Lügen nicht hören!

VALMONT:

Bitte lassen Sie mich doch erklären. Ich weiß, Es wirkt auf Sie wie ein Verrat. Doch glauben Sie mir, dass ich gar nichts tat, Was falsch gewesen wäre.

TOURVEL:

Diese Frau. Sie wurde mir in der Oper gezeigt. Sie ist eine Kurtisane!

VALMONT:

Ja. Und einst kannte ich sie. Ich kann es nicht ungeschehen machen. Jedoch, Das alles ist schon lange her. So voller Sünde ist sie heut nicht mehr. Heute ist sie eine Frau von Ehre. (Tourvel lacht höhnisch auf.) Sie kam zu mir und bat mich um Spenden für ihr Heim. Denn dort hilft sie gefallenen Frauen.

TOURVEL:

Warum sollte ich Ihnen glauben?

VALMONT:

Ich wusste, dass Sie kamen. Azolan hat Sie angekündigt. Es wäre mir doch ein Leichtes gewesen, Émilie vor Ihnen zu verstecken, wenn ich nicht ein völlig reines Gewissen hätte.

TOURVEL:

(überzeugt und beschämt) Verzeihen Sie, dass ich an Ihnen gezweifelt habe, mein Geliebter.

VALMONT:

Nein. Nein. Verzeihen Sie mir. (selbst erstaunt über seine Gefühle) Ich dachte, meine Liebe zu Ihnen könnte nicht größer werden… Doch Ihre Unschuld Und Ihre Eifersucht… Oh Gott. Dadurch empfind‘ ich umso mehr, Wie sinnlos ohne Sie mein Leben wär.

TOURVEL:

Wie sinnlos ohne Sie mein Leben wär.

BEIDE:

Ich liebe Sie so sehr!

N

IC

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VALMONT:


- 58 Sechste Szene: Nr. 27: Wo erreicht Sie dieser Brief? Merteuil schreibt einen Brief. Mein lieber Vicomte, Wo erreicht Sie dieser Brief? Schon seit Wochen sind Sie spurlos verschwunden. Man tuschelt hier schon. Sagen Sie mir nicht, Sie sind immer noch Opfer dieser kleinen Obsession.

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MERTEUIL:

Wer hätte geglaubt, Dass sich ein Valmont wegen einer Frau Wie ein dummer Schuljunge gehen lässt. Das ist Ihrer unwürdig. Wachen Sie doch auf.

(Wir sehen Valmont und Tourvel nackt im Bett. Tourvel schläft. Valmont liest den Brief und wiederholt die letzten Zeilen. Dann liest er den Brief weiter.)

VALMONT:

„Das ist Ihrer unwürdig. Wachen Sie doch auf.

Ich stell mir vor, Wie Sie mit dümmlichem Grinsen dieser Frau nachhecheln Tag und Nacht. Ich glaube nicht, dass Sie das für mich attraktiver macht.

N

IC

Wenn Sie zurück sind, dann woll’n wir sehn. Doch bisher fehlt der schriftliche Beweis. Wenn Sie zurück sind, Wartet hier Ihr Preis.“ (Valmont beugt sich zu Tourvel, die aufgewacht ist.) Ich wünsche mir so sehr einen Liebesbrief von Ihnen.


- 59 Siebte Szene: Im Haus von Merteuil. Sie liegt auf einem Diwan. Ein Mann liegt bei ihr, mit dem Rücken zum Publikum, so dass man ihn nicht erkennen kann. Valmont kommt herein. Ich hoffe, ich störe nicht das traute Beisammensein.

MERTEUIL:

(fährt hoch) Vicomte, es wäre mir lieber, wenn Sie sich schriftlich anmelden würden anstatt immer so hereinzuplatzen!

VALMONT:

Oh, Ihr Portier sagte, Sie seien verreist. Aber ich kenne die übliche Ausrede, wenn Sie mit einem neuen Liebhaber ungestört sein wollen. Guten Abend, mein junger Freund.

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VALMONT:

(Der Mann auf dem Sofa dreht sich um. Es ist Danceny.)

(peinlich berührt) Ähm… guten Abend.

VALMONT:

Ich suche Sie seit mehreren Tagen. Ihre andere Angebetete, Mademoiselle Cécile, war unpässlich. Leider waren Sie nirgendwo zu finden. Sie hätten ihr sicherlich zur Seite stehen können.

DANCENY:

Oh Gott, wie schrecklich. Wie kann ich mir das je verzeihen?

VALMONT:

Oh, machen Sie sich keine Gedanken. Cécile ist wieder so gut wie neu. Und ich will Sie beide auch nicht weiter stören. Ich wollte der Marquise nur diesen Brief vorbeibringen, dessen Inhalt sie sicherlich interessieren wird.

MERTEUIL:

(zu Danceny) Ich fürchte, ich muss einige Minuten mit dem Vicomte allein verbringen. Würden Sie solange oben warten, Chevalier?

DANCENY:

Selbstverständlich. Guten Abend, Vicomte.

VALMONT:

Auf bald, junger Freund. (Danceny geht ab.) Ich muss sagen, es erstaunt mich doch etwas, dass Sie nun zur Lehrmeisterin für kleine Jungs geworden sind. Sie sind doch fast noch gar nicht in dem Alter.

MERTEUIL:

Danceny ist mir vollkommen ergeben, und wie ich vermute, besser in der Lage, mich zu beglücken als Sie in Ihrer augenblicklichen Stimmung.

IC

DANCENY:

Ich verstehe.

MERTEUIL:

Und die Kleine war also krank?

VALMONT:

Eine Fehlgeburt. Glücklicherweise während eines leidenschaftlichen Besuches in meinem Haus, so dass ich diskret einen Arzt bestellen konnte.

MERTEUIL:

Das muss die Kleine sehr mitgenommen haben.

VALMONT:

Ehrlich gesagt, war ihr die Schwangerschaft nicht einmal bekannt gewesen. Sie verwendet wahrlich nicht sehr viel Energie aufs Denken.

MERTEUIL:

Nun, jedenfalls mein Beileid zum Verlust Ihrer Nachkommenschaft.

VALMONT:

Ich bin sicher, die Einlösung meines Preises durch Sie wird mich darüber hinwegtrösten. (Er wedelt mit dem Brief. Merteuil überfliegt ihn kurz.)

N

VALMONT:


- 60 Ich sehe, sie schreibt so schlecht wie sie sich kleidet.

VALMONT:

In diesem Fall kommt es wohl mehr auf den Inhalt an, finden Sie nicht? Erkennen Sie, welche tiefen, urgewaltigen Gefühle ich in ihr geweckt habe.

MERTEUIL:

Und Sie sind noch so verliebt wie am ersten Tag?

VALMONT:

Das war ich nie.

MERTEUIL:

Sie sind es noch.

VALMONT:

Vor allem bin ich nun endgültig in der Position, den mir zustehenden Gewinn zu beanspruchen.

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MERTEUIL:

Nr. 28: Merteuils Einflüsterung

Ja, wenn Sie noch der Mann wären, der Sie einmal waren. Aber sehen Sie sich an. Ihre Liebe hat Sie zu einem winselnden Hündchen gemacht, von dem ich mir nicht das Gesicht ablecken lassen will.

VALMONT:

Sie werden dramatisch.

MERTEUIL:

Durchaus nicht. Sobald ich glaube, dass Sie Ihren früheren Charme wiedergefunden haben, werde ich Sie mit großem Vergnügen zu mir bitten.

VALMONT:

Und Sie sind sicher, dass Sie nicht vorher noch ein paar neue Bedingungen stellen möchten?

MERTEUIL:

Ich will Ihnen eine kleine Geschichte erzählen. Ich kannte einmal einen Mann, Der ließ sich mit einer falschen Frau ein. Er war so sehr in sie verliebt, Er machte sich zur Witzfigur. All seine Freunde warnten ihn tagtäglich. Doch seine Liebe war so krankhaft mächtig. „Dagegen bin ich machtlos“, sagte er dann nur.

N

IC

MERTEUIL:

Doch zu guter Letzt folgte er dem Rat einer guten Freundin. Er ging einfach hin und verließ die Frau, als ob’s gar nichts wär. Sie war fassungslos, Fragte ihn warum, Jammerte und flehte. Doch auf alles, was sie sagte, Gab er ihr nur eine Antwort: „Dagegen bin ich machtlos.“

VALMONT:

Eine traurige Geschichte.

MERTEUIL:

Sind das nicht die besten?


- 61 Achte Szene: Im Haus von Tourvel. Sie sitzt in Unterwäsche vor einer Schüssel mit Wasser und rasiert sich die Achseln mit einem prächtig verzierten Rasiermesser. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlt sie sich wohl in ihrem Körper und genießt ihre Körperlichkeit. Nr. 29: So stark wie der Tod ist die Liebe - Reprise Komm, mein Messer, Mach mich herrlich glatt und rein. Kein vorwitziges Haar soll seine Lippen stör’n. Mein Körper soll ein Tempel sein.

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

TOURVEL:

Ein Tempel, Ein Heiligtum unserer Liebe. Geschaffen für Hingabe und Euphorie. Hier huldigen wir dem Genuss, Verlieren uns im Kuss…

(Sie schwelgt in Erinnerung und Vorfreude, liebkost versunken den eigenen Körper. Da tritt Valmont mit gesenktem Kopf ein. Was er vorhat, fällt ihm sichtlich schwer. Tourvel wirft sich schnell einen Morgenrock über und eilt ihm entgegen.)

TOURVEL:

Endlich, mein Liebster. Sie ließen mich nur zwei Minuten warten, aber ich hatte solche Angst, ich würde Sie nie wiedersehen.

VALMONT:

Mein Engel. (Er umarmt sie liebevoll.)

TOURVEL:

Geht es Ihnen auch so?

Nr. 30: Dagegen bin ich machtlos

Ja. In diesem Augenblick etwa bin ich völlig davon überzeugt, dass ich Sie nie wiedersehen werde.

TOURVEL:

(lachend) Was?

VALMONT:

Alles langweilt irgendwann. So war es immer schon. Denn so will es die Natur. Dagegen bin ich machtlos.

N

IC

VALMONT:

TOURVEL:

Was meinen Sie damit?

VALMONT:

Es dauert immerhin Schon eine ganze Zeit. Alles geht einmal vorbei. Dagegen bin ich machtlos.

TOURVEL:

Heißt das… heißt das, Sie lieben mich nicht mehr?

VALMONT:

Erst Ihr Widerstand hat meine Liebe geweckt. Als er starb, starb die Liebe mit ihm. Dagegen bin ich machtlos.

TOURVEL:

Aber Sie sprachen doch von unsterblicher Liebe.


- 62 -

VALMONT:

Was sollte ich denn tun? Sie hätten mich doch sonst Auf keinen Fall erhört. Sie sind selber daran schuld. Dagegen bin ich machtlos. (Tourvel ist verstummt. Ab jetzt sieht sie ihn nur noch fassungslos an.)

N H U T R VE FÜ ZU w MU R R R w A T w SI R U AN .m K IE FF S us U B Ü IC ik ND DU HR HT un B R U db Ü C N ue HN H GE hn E N e. de

Darum betrüg ich Sie Mit einer ander‘n Frau. Sie sind viel zu sehr verliebt. Damit treiben Sie mich fort. Dagegen bin ich machtlos.

Auch Ihnen täte ein Liebhaber gut. Das ist kurzweilig und amüsant. Also nehmen Sie sich einen oder auch nicht. Das liegt nicht mehr in meiner Hand.

(Mehr an sich selbst gewandt) Und was nun kommt, Was nun geschieht, Wie ich nun weiterlebe ohne Sie, Dagegen bin ich machtlos. Leben Sie wohl, mein Engel, Meine Geliebte, Mein Ein und Alles.

(Wieder zu Tourvel) Ich habe Sie mit Vergnügen genommen. Ich verlasse Sie ohne Bedauern. Das ist der Lauf der Welt. Dagegen bin ich völlig, völlig machtlos.

Neunte Szene:

N

IC

Valmont kommt zu Merteuil.

Nr. 31: Die Kriegserklärung

VALMONT:

Ich komme, um es Ihnen zu sagen: Ich habe Ihren Ratschlag befolgt.

MERTEUIL:

Meinen Ratschlag?

VALMONT:

Ich habe meine Liebschaft beendet. Ich hab‘ ihr nur gesagt, ich sei machtlos dagegen, was mit mir passiert.

MERTEUIL:

Wie hat die Dame es aufgenommen?

VALMONT:

Ich bin nicht sicher. Ich habe nichts von ihr gehört. Meine Besuche hat sie abgelehnt. All meine Briefe schickt sie verschlossen mir zurück. Nur eines bringt mir jetzt noch größ‘ren Ruhm.


- 63 -

Und das wäre?

VALMONT:

Sie zurückzugewinnen.

MERTEUIL:

Und Sie glauben, das können Sie?

VALMONT:

Ich wüsste nicht, warum nicht.

MERTEUIL:

Dann will ich es Ihnen sagen: Denn wenn eine Frau einer andern Frau Ihren Dolch ins Herz stößt, Geht sie selten fehl, Und im schlimmsten Fall heilt die Wunde nie. Darum sehe ich diese Sache hier Auch als meinen größten Triumph an. Doch nicht über Ihre Freundin. Nein, Vicomte. Mein Triumph war über Sie. Ja, denn Sie haben die Frau geliebt und Sie lieben sie immer noch. Mehr noch als damals mich, und das durfte nicht sein. Nur weil ich Sie verspottete, opferten Sie Ihr Glück. Wohin uns doch die Eitelkeit leider immer wieder treibt.

VALMONT:

Sie sind noch teuflischer als ich jemals dachte. Und das macht Sie umso begehrenswerter. Ich denke, es ist nun an der Zeit, Ihren Einsatz einzulösen.

MERTEUIL:

Ich bin nicht in der Stimmung. Und nun gehen Sie bitte. Ich habe zu tun.

VALMONT:

Zu tun? Das heißt, Sie erwarten Ihren Liebhaber?

MERTEUIL:

Das geht Sie nichts an.

VALMONT:

Vielleicht doch. Das hatte ich ganz vergessen, Ihnen zu sagen. Danceny kommt wohl nicht. Denn er ist heute Nacht bei Cécile. Ich hab‘ ihm ein Rendezvous möglich gemacht.

MERTEUIL:

Sie wagen es?

IC

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MERTEUIL:

N

VALMONT:

MERTEUIL:

Das lässt uns sehr viel Zeit. Ich beanspruche nun meinen Preis. Also los, Sie tun, was ich will heute Nacht.

Wissen Sie, warum ich mich niemals mehr verheiratet hab In all dieser Zeit? Ich hab mir geschwor’n, dass nie mehr ein Mann mir etwas befiehlt. Es tut mir sehr leid. Ich erhöre Sie nur, wenn es mir gefällt. Und so wie Sie sich benehmen, vergeht mir die Lust daran. Sie waren mal ein anderer Mann.


- 64 VALMONT:

Genug jetzt! Ich will das, was mir zusteht! (Ein schnaubendes Lachen von Merteuil.) Sollten Sie sich noch weiter weigern, Muss ich das als Kriegserklärung Von Ihnen sehn.

MERTEUIL:

Also gut: Dann heißt es Krieg.

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Zehnte Szene

Im Kloster, in das sich Madame de Tourvel zurückgezogen hat. Sie ist völlig aufgelöst, ungewaschen, mit wirren Haaren und offensichtlich nicht bei Sinnen. Nr. 32: Erlösen Sie mich - Reprise / Ich kenne sie zu gut

TOURVEL:

Ist es Nacht oder Tag? Oder bleibt es immer dunkel? Es ist kalt, Schrecklich kalt. Bitte macht ein Feuer an. Und dann lasst mich brennen, Brennt mir meine Sünden aus. Ich brenne schon! Ich brenne schon! Ich brenne schon! (Eine Nonne kommt herein.)

Madame, bitte lassen Sie mich endlich einen Arzt rufen.

TOURVEL:

Nein. Was soll der mir helfen?

NONNE:

Aber Sie müssen zumindest etwas essen. Sie müssen sich waschen. Ich habe Ihnen ein heißes Bad eingelassen.

TOURVEL:

Nein! Geh! Geh!

NONNE:

Madame…

TOURVEL:

Was ist noch?

N

IC

NONNE:

NONNE:

Monsieur Valmont hat wieder vorgesprochen.

TOURVEL:

Nein, sage ich!

NONNE:

Er hat diesen Brief abgegeben.


- 65 TOURVEL:

Fort! Damit! (Die Nonne verlässt fluchtartig das Zimmer.) Was willst du denn noch von mir? Meine Seele hast du schon. Alles hast du mir genommen. Nimm auch die Erinnerung.

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Meine Welt ist entzweigebrochen. Nichts ist mehr wie es einmal war. (Sie greift sich ein Rasiermesser.) Komm zu mir. Komm, mein Messer, mach mich Unendlich frei! Unendlich frei!

(Sie legt sich angezogen in die gefüllte Badewanne, das Rasiermesser in der Hand.) Erlösen Sie mich! Erlösen Sie mich! Und töten Sie mich! Erlösen Sie mich! Und töten Sie mich! Erlösen Sie mich!

(Das Wasser färbt sich blutrot.)

Elfte Szene:

Bei Valmont. Er sitzt erstarrt in einem Sessel. Azolan kommt zu ihm. Er hält einen Brief hoch. Sie hat den Brief wieder abgelehnt. Man sagt, sie sei der Welt abhanden gekommen. Aber schon morgen, da versuch ich es erneut.

VALMONT:

(bleibt weiterhin in seiner Erstarrung) Nein. Lass es.

AZOLAN:

Irgendwann knickt sie ein. Man muss nur hartnäckig sein.

IC

AZOLAN:

N

VALMONT:

(für sich) Zu spät.

AZOLAN:

Das ist Ihnen immer vortrefflich gelungen.

VALMONT:

Zu spät.

AZOLAN:

Sie lässt sich bald erweichen.

VALMONT:

Oh nein. Ich kenne sie zu gut. Sie wird es niemals verwinden, Dass ich ihr das alles raubte, Woran sie im Leben glaubte. Und ich wusste es schon immer. Ich kenn sie wie keine and’re. Aber der, den ich nicht kannte, Das bin ich selbst.


- 66 Zwölfte Szene: Nr. 33: Das Duell - Valmonts Tod Nebel. Ernst und feierlich treten die Sekundanten auf, darunter Azolan. Man sieht Merteuil an einem Schreibtisch sitzen und einen Brief schreiben. Mein lieber Danceny, Ich hörte, gestern Abend war’n Sie bei Cécile. Es war gewiss ein wundervolles Liebesspiel. Denn schließlich ist sie in der Liebe gut geschult Von einem wahren Rittmeister im Bett: Valmont.

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MERTEUIL:

(Nun treten Danceny und Valmont von den entgegengesetzten Seiten der Bühne auf. Sie tragen Degen.)

DANCENY:

Sie haben mein Vertrauen missbraucht.

VALMONT:

Da sind Sie nicht der Erste.

DANCENY:

Aber bei Gott, ich werde dafür sorgen, dass ich der Letzte bin!

VALMONT:

Nur zu!

(Sie beginnen zu fechten. Valmont ist Danceny deutlich überlegen, er wehrt dessen wütende Angriffe fast beiläufig ab, als würde er eine Fliege fortscheuchen. Alles scheint ihm gleichgültig zu sein. Am Ende lässt er sich fast absichtlich erstechen und sackt zu Boden. Danceny ist nun selbst geschockt.) Herr!

DANCENY:

Schnell! Holt einen Wundarzt!

VALMONT:

Nein, lassen Sie. Es musste so kommen.

DANCENY:

Monsieur.

VALMONT:

Hören Sie. Nehmen Sie sich in Acht vor der Marquise de Merteuil. In dieser Sache sind wir beide ihre Geschöpfe.

IC

AZOLAN:

Wie meinen Sie das?

VALMONT:

(zieht einen Stapel Briefe heraus, die nun von seinem Blut verschmiert sind.) Nehmen Sie diese Briefe. Sie beweisen, was ich sage. Tun Sie damit, was Sie für nötig halten. Machen Sie sie öffentlich.

DANCENY:

Ich verstehe nicht.

VALMONT:

Das werden Sie. Doch Sie müssen noch etwas für mich tun. Gehen Sie zu Madame de Tourvel. Sagen Sie ihr: Sie war es, Die einzige, die ich je liebte. Ich weiß nicht, warum ich sie einfach verließ. So gab ich mein Glück aus der Hand. Zu spät hab ich erkannt: Stark wie der Tod ist die Liebe.

N

DANCENY:

(Er stirbt.)


- 67 Dreizehnte Szene: Nr. 34: Tourvels Tod Im Kloster der Karmeliterinnen. Ein Nonnenchor geht über die Bühne. Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, miserere nobis. Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, miserere nobis. Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, dona nobis pacem. Dona nobis pacem. Pacem.

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NONNEN: (mit Männerchor im Hintergrund)

(Rosemonde und Volanges treten auf.)

ROSEMONDE:

Wer hat sie gefunden?

VOLANGES:

Eine Nonne. Das ganze Badewasser war ein Meer von Blut.

ROSEMONDE:

Gott sei Dank war es noch rechtzeitig.

VOLANGES:

Vielleicht nicht. Sie ist so schwach, dass die Ärzte kaum noch Hoffnung sehen.

ROSEMONDE:

Sie ist eine starke Frau.

VOLANGES:

Das war sie. Solange sie noch Lebenswillen hatte.

CHOR:

Dona nobis pacem. Pacem. Dona nobis pacem.

(Als sie an das Krankenbett von Tourvel kommen, sehen sie, wie Danceny bei ihr kniet und ihr ins Ohr flüstert. Als er die beiden Frauen sieht, steht er auf, und geht, ihnen zunickend, aus dem Zimmer. Volanges sieht ihn empört an. Tourvel ist totenbleich und hat die Handgelenke verbunden.) Wie geht es Ihnen, meine Liebe.

TOURVEL:

Ich sterbe. Ich sterbe, weil ich Ihnen nicht geglaubt habe. Großer Gott, Nimm mich in dein Reich auf. Halt Gericht über mich. Doch mach bitte Valmont nicht meine Sünden zum Vorwurf. Verzeihe ihm.

N

IC

VOLANGES:

ROSEMONDE:

Noch im Tod denkt sie an ihn.

TOURVEL:

Was die Liebe auch tut, Am Ende bleibt der Tod. Nur der Tod. (Sie ist tot.)


- 68 Vierzehnte Szene: Nr. 35: Finale Merteuil sitzt an ihrem Schminktisch. Sie stößt einen Schrei aus. Sie ist sichtlich am Boden zerstört. Sie starrt lange ihr Spiegelbild an. Schließlich beginnt sie schwach zu singen. Nun hat mir die Liebe meinen besten Freund entrissen. Doch es war sein Wille. Er bestand auf diesem Krieg. Warum forderte er mich heraus? Er musste es doch wissen: Ich erringe jedes Mal den Sieg. Ich gebe zu, ich habe dieses Mal nicht geahnt, Wie weit die Sache schließlich ging. Doch jeder Krieg verlangt auch dem Gewinner sehr viel ab.

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MERTEUIL:

(Sie beginnt sich zu schminken und sich für Céciles Hochzeit zurechtzumachen.)

Aber kein Blick zurück. Die Gesellschaft erwartet mich. Und man erwartet dort mein gewöhnliches Ich. Unter der weißen Schminke hier ist mir nichts anzusehn. Denn für mich heißt es weiterhin siegen oder untergehn.

(Die Hochzeitsfeier von Cécile und Gercourt. Das Ensemble tritt auf. Cécile kniet mit ihrem Bräutigam, dem Grafen Gercourt, vor einem Priester. Sie werden getraut. Schon während das Ensemble singt, stehen die beiden auf und mischen sich unter die Leute.)

ENSEMBLE:

So eine wundervolle Hochzeit. Mademoiselle Cécile Volanges Wird die Frau des Comte Gercourt.

Lang war der Bräutigam auf Reisen, Wo er nichts von all dem Klatsch Über seine Braut erfuhr.

N

IC

Bis heute kennt er nicht die Wahrheit, Und so leistet er jetzt Den verhängnisvollen Schwur. Dieser arme Mann Weiß nicht, was geschieht, Wird lautstark gelobt Und heimlich verlacht. Wir sehn uns das an Und warten darauf, Was er wohl entdeckt Im Bett heute Nacht.

(Tanz. Cécile tanzt dabei mit mehreren Männern und bewegt sich sehr lasziv und aufreizend mit ihnen.) (Rosemonde und Volanges treten auf.)


- 69 Madame, Nun haben Sie Ihr Ziel erreicht. Zwar billige ich Ihre Täuschung gar nicht, Doch ich gratuliere.

VOLANGES:

Es eilt, Bevor der Bräutigam erfährt, Dass meine Tochter nicht mehr unberührt ist. Das allein ist wichtig.

ROSEMONDE:

Und sieht Cécile das denn genauso?

VOLANGES:

Sie hat es selber so gewollt.

ROSEMONDE:

Das hätt‘ ich nie von ihr gedacht.

VOLANGES:

Sie ist nicht mehr das kleine Kind, das sie früher mal war. (Cécile flirtet gerade mit einem jungen Mann. Sie lässt ein verführerisches Lachen ertönen. Nichts erinnert mehr an das unschuldige Mädchen vom Anfang.) Nun ja, Man wird das alles bald vergessen. Und sie ist jetzt eine Gräfin. Alles wird gut.

ENSEMBLE:

(versetzt) So was gab es lange nicht. Das wird ein Spaß! Wann wird wohl…

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ROSEMONDE:

(Das Ensemble bricht mitten im Satz ab, als Merteuil erscheint. Stille. Alle beobachten sie. Sie geht auf einige Leute zu, aber diese wenden sich ab. Sie geht auf Rosemonde und Volanges zu. Auch diese wenden sich ab, halten sich Fächer vors Gesicht, etc. Immer noch Stille. Plötzlich fallen Briefe wie ein Schneesturm von der Decke. Merteuil wird klar, was geschehen ist und dass Valmont ihre Briefe weitergegeben hat. Sie geht wankend ab. Eine geschlagene Frau.) (mit großer Verachtung) Liebe macht uns schwach.

- Vorhang -

N

IC

CÉCILE:

Nr. 36: Applausmusik


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